Samstag, 20. Januar 2018

Robert Half (RHI): Analyse des hochmargigen Zeitarbeitsunternehmens

Robert Half (RHI): Analyse des hochmargigen Zeitarbeitsunternehmens

Im Herbst 2016 hatte ich mich ja bereits einmal mit Zeitarbeitsunternehmen im Allgemeinen und den beiden Unternehmen Manpower und Randstad im Speziellen beschäftigt. Eingestiegen war ich bei keinem der Unternehmen, wobei ich es zumindest kurstechnisch v.a. bei Manpower ein wenig bereue (Kurs damals ca. 71 $, Kurs jetzt ca. 130 $). Kann ja keiner ahnen, dass der Markt dem Unternehmen ein KGV von rund 20 zugesteht innerhalb dieses recht kurzen Zeitraums von etwa 16 Monaten. Aber so ist das nun einmal. Auf jeden Fall habe ich seither auch noch das Unternehmen 'Robert Half' (RHI) auf meiner ToDo-Liste stehen und wollte das mit diesem Beitrag hier einmal näher betrachten.

Zum Unternehmen:

'Robert Half' (RHI) wurde im Jahre 1948 durch den Unternehmer Robert Half (bis 1986 für Geschäfte zuständig, 2001 gestorben) gegründet. Sie gilt als erste Firma, die anderen Unternehmen Mitarbeiter der Buchhaltung temporär gegen Entgelt zur Verfügung stellte. Im Laufe der Jahre wurde das Geschäftsfeld dahingehend erweitert, dass auch in anderen Bereichen, wie z.B. dem Rechtswesen, der allgemeinen Unternehmensführung oder auch der IT-Beratung Mitarbeiter temporär an andere Firmen verliehen wurden.

Dort, wo Manpower, Adecco oder Randstad zwar das komplette Feld, aber v.a. die 'einfachen' Arbeiten bedienen, konzentriert sich RHI meiner Meinung nach eher auf den 'mittleren' bis 'gehobenen' Bereich. Dies soll an dieser Stelle nicht herabwertend klingen, da ich selbst weiß, wie anstrengend 'einfache' Arbeiten sein können, aber es macht eben schon einen Unterschied, ob man jemanden im IT-Bereich, Finanzbereich oder Rechtsberatungsbereich verkauft (inkl. vielfach notwendigem jahrelangen Studium bzw. praktischen Erfahrungen) oder aber jemanden, der Pakete von A nach B transportiert, Teile für Lüftungsanlagen mit einem Hammer zusammenbaut oder Flaschen sortiert. Die letztgenannten Tätigkeiten waren welche, die ich persönlich als Student über eine Zeitarbeitsfirma ausführte und seit einigen Jahren bin ich in der IT-Beratung unterwegs. Von daher weiß ich auch, wie sich die Einkommen (und somit auch die Verdienstmöglichkeiten beteiligter Unternehmen) unterscheiden.

Bei RHI werden die einzelnen Dienstleistungen über separate Tochterfirmen angeboten. So gibt es u.a. Accountemps, Robert Half Finance & Accounting, OfficeTeam, Robert Half Technology , Robert Half Management Resources, Robert Half Legal, The Creative Group und Protiviti. Die Einsatzbereich der Tochterfirmen werden meiner Meinung nach mit Ausnahme von Protiviti aus den Bezeichnungen ersichtlich. Protiviti ist der IT-Beratungsteil und diesen finde ich durch meinen IT-Hintergrund natürlich besonders interessant. Die Bewertungen bei Kununu sehen ganz gut aus.

Im Allgemeinen ist es so, dass die Kunden von Zeitarbeitsunternehmen sowohl temporär, als auch dauerhaft Verstärkung benötigen. Temporär müssen v.a. Belastungsspitzen überbrückt werden (z.B. bei spontanen Großaufträge) bzw. Unterbesetzungen (z.B. bei Krankheiten oder in der Urlaubssaison). Dauerhaft gesehen wollen die Kunden natürlich gute Kandidaten für ausgeschriebene Stellen finden und nutzen Dienstleister wie RHI neben dem eigenen Recruiting als weitere Quelle passender Talente.

Der entscheidende Punkt, mit denen sich Unternehmen innerhalb der Branche voneinander abheben können, ist dabei das effektive und zeitnahe Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Dieses wird v.a. über IT-Systeme sichergestellt, mit denen sowohl die Nachfrageseite (z.B. durch Auswertung von Stellenanzeigen auf Unternehmenswebseiten) als auch die Angebotsseite (z.B. durch effektive Verwaltung von Kandidatenprofilen) bedient werden kann. D.h. Daten und deren Auswertung spielen hier eine große Rolle. Es kommt glaube ich auch nicht von ungefähr, dass Randstad Ende 2016 Monster gekauft hat oder aber Microsoft LinkedIn.

Chartverlauf:

Wenn man von Anfang an dabei ist, kann man sich über einen netten Kursgewinn freuen. Das dürften aber die wenigsten sein. Die Konkunkturabhängigkeit ist nicht zu übersehen. Man erkennt eindeutig die Auswirkungen der Asienkrise (97/98), die Auswirkungen des Dot-Com-Crashs/11.September (ab 2001) und die Auswirkungen der Finanzkrise (ab 2006) inkl. der nur relativ langsamen Erholung danach. Seit meinem ersten Zeitarbeitsunternehmen-Artikel im August 2016 geht es kurstechnisch gesehen größtenteils bergauf, woran ich leider auch erkenne, dass ich evtl. wieder mal zu spät dran bin mit meiner Detailanalyse.

Unternehmenszahlen:

RHI war überraschenderweise im gesamten Betrachtungszeitraum immer profitabel, selbst in 2009. Der Umsatz ging damals zwar signifikant zurück, Verluste oder negative Cashflows waren aber nicht zu verzeichnen. Die Margen waren/sind konstant hoch. Der Free Cashflow war in den meisten Fällen größer, als die ausgewiesenen Nettogewinne. Die Bilanz sieht sauber aus mit minimaler Finanzverschuldung (damit sind Anleihen, Kredite etc. gemeint) und es wurde durchgängig ein komfortables Finanzpolster gehalten. Der Goodwill ist übersichtlich, woraus ich entnehme, dass RHI - im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern - v.a. organisch wächst durch Ausbau und Optimierung des vorhandenen Geschäfts. Die Anzahl ausstehender Aktien reduziert sich über Rückkäufe relativ konstant um 2-4 Mio. pro Jahr und die Dividende wird langsam aber stetig erhöht. Zuletzt wurden 24 cent im Quartal gezahlt, was eine Jahresrendite von etwas unter 2 % ergibt. Die Ausschüttungsquote zwischen 30 und 40 % lässt da noch genügend Spielraum nach oben.

Schaut man sich die Bewertungskennzahlen an, so sind sie historisch gesehen leicht unterbewertet unterwegs, auch wenn sie mit einem KGV von über 20 bzw. einem EV/FCF von 14 alles andere als preiswert sind. Einen aktuellen Blick auf die genannten Wettbewerber macht sicherlich Sinn, wobei ich hier einfach einmal die jeweiligen TTM-Zahlen von Gurufocus genutzt habe:

An diesen Zahlen kann man gut erkennen, dass RHI immer noch das profitabelste Unternehmen dieser Gruppe ist und dass die Bewertungskennzahlen gar nicht so weit auseinander liegen. Bemerkenswert finde ich, dass es beim EV/FCF am besten abschneidet.

Was gefällt mir an RHI:

  1. Es ist ein durchgehend profitables Unternehmen. Auch in Krisenzeiten wurden keine Verluste gemacht.
  2. Vor allem organisches Wachstum durch kontinuierliche Verbesserung der bestehenden IT-Infrastruktur.
  3. Im Vergleich zum Wettbewerb haben sie wesentlich höhere Margen.
  4. Annehmbare Dividendenrendite inkl. gleichmäßigen Erhöhungen und guter Ausschüttungsquote machen das Unternehmen evtl. auch für Dividend Growth-Investoren interessant.
  5. Es ist aktuell nur eine geringe Belastung durch Optionen und Restricted Stock Units zu erwarten. Ende 2016 gab es keine ausstehenden Optionen (ungewöhnlich für amerikanische Unternehmen) und nur rund 1.2 Mio. ausstehende Restricted Stock Units mit einem Ausübungspreis von etwa 44 $.
  6. Extrem geringe Verschuldung, die auch noch mehr als vollständig von den Cashreserven gedeckt ist.
  7. Der Free Cashflow, der ja für Wachstum, Schuldenabbau (bei RHI nicht notwendig) und Ausschüttung an die Aktionäre genutzt werden kann, ist größtenteils höher, als die ausgewiesenen Nettogewinne.
  8. In den vergangenen Jahren zahlte RHI durchschnittlich 35 % Steuern. Dies lag auch daran, dass rund 80 % der Umsätze in den USA generiert werden. Durch Trumps Steuerreform gehen sie jetzt von einer zukünftigen effektiven Belastung von 26-28 % aus, was dann natürlich die Gewinne und Cashflows ab 2018 positiv beeinflussen dürfte. Ende des Jahres haben sie in diesem Zusammenhang allerdings auch schon mal darauf hingewiesen, dass sie in Q4 eine einmalige und außerplanmäßige Belastung von etwa 34-38 Mio. $ erwarten als nicht zahlungswirksame Ausgabe. Hier geht es um eine Neubewertung der Tax Assets, wenn ich es richtig verstanden habe.
  9. Auf EV/FCF-Basis sind sie das preiswerteste Unternehmen der Peer Group. Allerdings muss man zugeben, dass ein Wert von rund 14 kein wirkliches Schnäppchen ist (siehe z.B. Juniper Networks im Vergleich dazu, deren Wert nur halb so groß ist).
  10. Ist in einer eher 'langweiligen' und weniger kapitalintensiven Branche beheimatet.
  11. Scheint mir auch etwas unteranalysiert zu sein. Es gibt aber schlimmeres, als unter dem Radar zu fliegen.

Was gefällt mir nicht an RHI:

  1. Sind recht stark von der Konjunktur abhängig. D.h. beim nächsten Abschwung dürften die Geschäfte ähnlich stark wegbrechen, wie schon in 2009, als der Umsatz ja auch um knapp 40 % zurückging.
  2. Sind in einem hart umkämpften Markt unterwegs, in dem auch viele kleine und lokale Unternehmen beheimatet sind. Um auch weiterhin die Margen halten zu können, sind kontinuierlich Ausgaben zur weiteren Optimierung der IT-Systeme und Abläufe notwendig.
  3. Je höher die Beschäftigungsrate ist, desto schwieriger wird es, 'Nachwuchs' zu finden - v.a. in den Bereichen, in denen RHI unterwegs ist.
  4. Die Insiderbeteiligung ist überschaubar. Der CEO hat nur etwa 1.2 Mio. Anteile.
  5. Die Bewertungskennzahlen sind für ein Unternehmen mit so geringem Wachstum bzw. teilweise Stagnation eigentlich zu hoch.

Versuch einer Bewertung von RHI:

Bei RHI würde ich einmal 3 Szenarien ansetzen. In Szenario 1 würden die Geschäfte leicht zurückgehen. Nicht so stark, wie in 2009, aber dennoch merklich 5 % pro Jahr für die nächsten 4 Jahre. Die FCF-Marge würde ich hier auch niedriger ansetzen und die Aktienrückkäufe mit 1 Mio. pro Jahr. Im zweiten Szenario würde ich ein geringes Wachstum, eine etwas über dem langjährigen FCF-Margenschnitt liegenden Wert (wegen der Steuerreform) und Aktienrückkäufe von 2 Mio. pro Jahr annehmen. Im dritten Szenario hätte ich ein etwas stärkeres Wachstum, eine überdurchschnittliche FCF-Marge und Aktienrückkäufe von 3 Mio. pro Jahr. Mit entsprechenden Gewichtungen würde sich ein Wert ergeben, der in etwa dem aktuellen Kurs entspricht:

Fazit:

Robert Half ist ein Unternehmen, welches mir sehr gut gefällt. Die operativen Zahlen und die Bilanz sehen sehr gut aus. Was mir nicht gefällt ist die Bewertung, die besser bzw. günstiger sein könnte. Das mit der zu hohen Bewertung betrifft aber leider nun einmal fast alle Unternehmen der Branche und eigentlich auch des Gesamtmarktes. Bei RHI macht es sicherlich Sinn, die weitere Entwicklung zu verfolgen und auf einen guten Einstiegszeitpunkt zu warten. Mal schauen, wie die Jahreszahlen vom Markt aufgenommen werden, wenn diese in etwa einem Monat öffentlich werden. Evtl. ergibt sich ja dann schon die Möglichkeit. Zusätzlich macht es wahrscheinlich Sinn, auch noch einmal einen Blick auf den deutschen Markt zu werfen in Form von Amadeus FIRe. Deren Margen und Bewertungen sind auf den ersten Blick mit denen von RHI vergleichbar, sie schütten aber fast den gesamten Gewinn immer als Dividende aus und dürften natürlich weniger stark von der Steuerreform in den USA profitieren, wie RHI.

Wichtiger Hinweis:

Die Zahlen wurden von mir selbst zusammengetragen und können Fehler enthalten. Für die Richtigkeit wird keine Gewähr übernommen. Dieser Artikel stellt nur eine Meinungsäußerung dar, aber keine Aufforderung zum Handeln in irgendeiner Art und Weise. Sollte sich jemand entschließen, in das genannte Wertpapier zu investieren, so sollte derjenige bzw. diejenige selbst entsprechende Nachforschungen und Überlegungen anstellen.

1 Kommentar:

  1. Amadeus Fire ist natürlich vom Umsatz viel kleiner, aber von den Kennzahlen und der Entwicklung her, brauchst es sich nicht zu verstecken. Da bin ich aber "befangen", weil sie seit langem ein Basisinvestment in meinem Depot sind.

    Vielleicht funktioniert ja auch der Chartvergleich-Link: http://www.ariva.de/robert_half_international-aktie/chart?antiAlias=1&boerse_id=1&clean_bezug=1&clean_payout=0&clean_split=1&compare=1088&displayHighLow=1&indicator=RSI&indicator=MFI&savg=0&scale=pro&size=940x420&t=all&type=CloseLine&volume=1&go=1&go=1&quoteType=last

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