Sonntag, 25. September 2016

Netflix (NFLX): Aus Nutzersicht top. Aber aus Anlegersicht?

Netflix (NFLX): Aus Nutzersicht top. Aber aus Anlegersicht?

Heute werden ich mir einmal ein paar Gedanken zu Netflix machen, obwohl ich schon jetzt weiß, dass ich zu den aktuellen Bewertungen - ähnlich wie bei Tesla - wohl nicht in das Unternehmen investieren werde. Das heißt aber nicht, dass ich es in der Zukunft nicht auch tun würde. Keine Aktie ist uninvestierbar: es kommt immer nur auf den Preis an. Doch fangen wir einmal von vorne an.

Ich war 1998 das erste Mal im Internet unterwegs. 1999 begann ich mein Studium und hatte dadurch täglich Zugang zu schnellem Internet, was zu der Zeit nicht selbstverständlich war. Legale Video-Webseiten mit anständigen Inhalten gab es nicht wirklich und wenn, dann waren sie teuer. Also nix für arme Studenten wie mich. Es war eher Mode, sich Filme im DivX-Format lokal anzuschauen. Das Streaming, wie wir es heute kennen, steckte noch in den Kinderschuhen. Interessanterweise war eine der bekanntesten Persönlichkeiten in dem Bereich Mark Cuban, der jetzige Besitzer der Dallas Mavericks und somit der aktuelle Chef von Dirk Nowitzki. Er erkannte die Zeichen der Zeit, machte Broadcast.com groß und fand rechtzeitig vor dem Platzen der dot.com-Blase den Absprung, indem er das Unternehmen für 5.7 Mrd. Dollar an Yahoo verkaufte. Netflix selbst gibt es zwar schon seit 1997, aber damals waren sie eher ein Unternehmen, bei dem man per Flatrate online DVDs ausleihen konnte. Streaming - d.h. das, wofür sie heutzutage bekannt sind - bieten sie erst seit 2007 an. Hauptgrund für den späten Einstieg war (wie bei vielen anderen Anbietern auch) dass die Infrastruktur im Online-Bereich (sprich die verfügbaren Bandbreiten + passende Videotechnik) vorher noch nicht wirklich ausgereift war. Ein vergleichbares Hindernis ist ja im Moment auch die fehlende Lade-Infrastruktur bei Elektrofahrzeugen. Wenn das Problem mal gelöst ist, gebe ich denen auch eine Chance für den Massenmarkt. Aber das ist ein anderes Thema. Die Streaming-Angebote waren damals langsam und die Videoqualität überschaubar. Nichts im Vergleich zu den heutigen Angeboten. Von Netflix habe ich persönlich erst vor ca. 6 Jahren das erste Mal gehört/gelesen. In Deutschland war ja eher Lovefilm im DVD-Verleih-Bereich bzw. Maxdome im Streamingbereich verbreitet.

Schauen wir uns zunächst einmal den Kursverlauf von Netflix in USD an:

Das würde ich mal eine Rakete nennen. Split-bereinigt (im Juli 2015 wurde ein 1:7-Split durchgeführt) lag der tiefste Kurs bei 0,37 $ im Oktober 2002. Herzlichen Glückwunsch an diejenigen, die damals gekauft und bis heute durchgehalten haben. Kurze Frage in die Runde: was passiert mit Raketen, denen der Sprit ausgeht, obwohl sie noch nicht im Weltraum angekommen sind?

Hier ein Blick auf die Geschäftszahlen:

Gar nicht so schlecht, muss ich zugeben. Die Zahlen des anderen notorischen Highflyers Tesla waren/sind wesentlich schlimmer. In all den Jahren wurde nie ein Verlust eingefahren. Die Anzahl der Nutzer, der damit verbundene Umsatz und die Bilanzsumme haben sich über all die Jahre signifikant erhöht, genau wie der Kurs der Aktien. Eine echte Verwässerung hat nicht wirklich stattgefunden, was ich durchaus anders erwartet hätte. Was allerdings auf der Strecke geblieben ist, ist die Profitabilität. War das Unternehmen zwischendurch bezogen auf gängige Kennzahlen durchaus auch einmal fair bewertet, kann man das ab 2012 nicht mehr wirklich behaupten. 2008/2009 wäre ich nach meinen Maßstäben durchaus bereit gewesen, in das Unternehmen zu investieren. Ein PEG von 0,6 bei 58 % EK-Rendite, Schuldenfreiheit und guten Wachstumsaussichten wären durchaus überzeugende Argumente gewesen. Aber damals war ich einfach noch nicht soweit und zusätzlich gab es zu dem Zeitpunkt von den Kennzahlen her gesehen wesentlich größere Schnäppchen. Warren Buffett nannte die Gesamtsituation Ende 2008/Anfang 2009 nicht umsonst eine 'Once in a lifetime'-Chance.

Was gefällt mir an Netflix?

  1. Durchgehend profitabel. Gutes Wachstum bei Nutzerzahlen und Umsatz.
  2. Keine Verwässerung bei der Anzahl der Aktien über all die Jahre. Hierbei sollte man sich von dem Split nicht verwirren lassen.
  3. Es gibt viele Fanboys der Aktie. Damit könnte das Management, wenn es clever ist, die meiner Meinung nach aktuelle Überbewertung nutzen und über eine Kapitalerhöhung Geld einsammeln. Das würde zwar kurzfristig den Kurs drücken, hätte aber für das Management mindestens 2 gute Auswirkungen: erstens kommen sie billig an Geld, was sie dringend für den weiteren Ausbau ihres Angebots (selbstproduzierter Content) und die internationale Expansion benötigen. Und zweitens würden ihre Optionen mal wieder anständige Ausführungskurse bekommen :-) Wenn sie beispielsweise 43 Mio. Aktien zu 90 $ ausgeben würden (pro gehaltene 10 darf man eine für 90$ kaufen), würden dadurch knapp 3,8 Mrd. USD in die Kassen fließen und es hätte lediglich eine Verwässerung von 10 % stattgefunden.
  4. Es gibt nur wenige internationale Player im Markt, die man als nennenswerte Konkurrenten sehen könnte: im Streamingbereich ist es sicherlich Amazon (deren Prime-Dienst ich selbst nutze). Im Moment ist man Marktführer in den USA mit mehr als 40 Mio, Nutzern.
  5. Content ist alles. Netflix bietet wirklich hochwertigen eigenproduzierten Content. Ich denke da nur an House of Cards oder Orange is the New Black. An Disney kann man erkennen, wie wichtig (und wertvoll) hochwertiger Content ist, egal mit welchen Zahlen er in der Bilanz steht. Analog Amazon Prime ist Netflix aus Anwendersicht ein Paradies für Serien-Junkies und sogenanntes Binge-Watching (d.h. komplette Serienstaffeln am Stück schauen).
  6. Die Jahreszahlen stehen schon immer relativ früh bereit (Ende Januar/Anfang Februar)
  7. Nette Skaleneffekte: mehr Anwender bedeuten niedrigere anteilige Kosten pro Eigenproduktion. Somit können mehr Eigenproduktionen erstellt werden, was dann ggf. mehr Nutzer bringt, die auch mehr dafür zahlen würden. Bei hohen Nutzerzahlen würden selbst kleinere Preiserhöhungen relativ große Auswirkungen auf den Gesamtumsatz haben.
  8. Evtl. muss man Amazon nicht als Konkurrenten sehen, sondern als Partner. Netflix nutzt jetzt schon die AWS-Angebote und stärkt damit seinen eigentlich direkten Konkurrenten. Die Netflix-Serien sind teilweise auch bei Amazon erhältlich, auch wenn man dafür extra zahlen muss. Und ich habe mich schon immer gefragt, warum die Netflix-App einem auf dem Amazon-Fire-TV-Bildschirm so ins Auge sticht.

Was gefällt mir nicht an Netflix?

  1. Die meisten Leute (mich eingeschlossen) nutzen höchstens ein Streaming-Angebot. Wir haben z.B. wie die meisten meiner Bekannten Amazon Prime (v.a. auch wegen dem Versand) und brauchen Netflix daher nicht wirklich. So viel Zeit zum Schauen habe ich gar nicht. Viele andere nutzen kostenfreies normales Fernsehen, Kabelangebote (HBO, ESPN etc. in den USA) oder aber andere alternative Pay-TV-Angebote (Sky in Deutschland). Müssten wir nicht die GEZ-Zwangsabgabe blechen (wir haben deren Angebot seit über einem Jahr nicht mehr genutzt !!!), wäre Netflix eine Überlegung wert.
  2. Das Wachstum wird teurer. In den USA dürfte man sich evtl. bald der Sättigungsgrenze nähern. Auch die Eigenproduktionen werden absolut gesehen teurer.
  3. Sie sind im Moment nach normalen Maßstäben und auch historisch gesehen sehr hoch bewertet. Die Cashflow-Zahlen der letzten Jahre sehen echt schlecht aus (d.h. in hohem Maße negativ). Und selbst, wenn sie ihren Gewinn verzehnfachen würden, hätten sie immer noch ein KGV von 30. Die Reaktionen auf die letzten Quartalszahlen zeigen, dass viele Aktionäre aktuell nervös sind.
  4. Was passiert mit Netflix, wenn die etablierten Kabelbetreiber irgendwann ihr Angebot umbauen/erweitern? Die gleiche Frage sollten sich Tesla-Aktionäre im Bezug auf andere Automobilhersteller stellen. Auch hier bin ich der Meinung, dass Netflix nur so stark ist, weil die anderen (noch) so schwach sind. Und das sind sie, weil sich damit einfach nicht genug Geld verdienen lässt im Moment. Und was ist, wenn die Telekommunikationsanbieter irgendwann einmal auch ein Stück vom Kuchen abhaben wollen aufgrund der massiv gestiegenen Belastungen im Datenverkehr? Fragen über Fragen...

Hier einmal mein Versuch einer Bewertung:

Wenn alles gut läuft (d.h. Nutzerwachstum hält an und Umsatz/Nutzer kann dazu noch gesteigert werden), kann man durchaus sagen, dass der aktuelle Kurs auch aus operativer Sicht gesehen noch weiter gesteigert werden kann. Wenn man aber etwas realistischere Annahmen trifft, sieht es schon nicht mehr ganz so gut aus.

Fazit:
Ich hätte es schlimmer erwartet. Trotzdem sehe ich zu viele Risiken für Anleger (nicht für Netflix' operatives Geschäft - das ist mehr als gesund). Die größte Chance, zum jetzigen Kurs in den kommenden Jahren auf der Long-Seite Geld zu verdienen, wäre meiner Meinung nach eine Übernahme von Netflix. Doch wer soll das machen? Apple? Die bauen eher ihr eigenes Streaming-Angebot aus. Google? Die erweitern eher Youtube. Amazon? Da hätten die Kartellwächter evtl. was dagegen. Bayer? Nur, falls es mit Monsanto nix wird :-) Microsoft? Denen wäre es zuzutrauen. Ich sage nur Nokia oder LinkedIn. Daher sage ich von meiner Seite aus erst einmal nein danke. Denjenigen, die auf weitere Kursgewinne hoffen: viel Glück. Short gehen würde ich bei Netflix allerdings auch nicht unbedingt - trotz KGV von 300.

Mittwoch, 21. September 2016

RPX-Corp (RPXC): Kampf den Patent-Trollen

RPX-Corp (RPXC): Kampf den Patent-Trollen

Zum Abschluss meines Studiums bekam ich über die Fulbright Kommission die Gelegenheit, ein Jahr an einer amerikanischen Universität zu studieren. An amerikanischen Universitäten (welche eher Wirtschaftsunternehmen sind) hat man oft die Möglichkeit, sich als Student neben den Kursen, die man besucht, in Teilbereichen/Abteilungen der jeweiligen Uni ein Zubrot zu verdienen. Als preiswerte Arbeitskräfte sozusagen. Mich hatte es damals als Office Assistant in die 'Office of Technology Transfer' verschlagen. Dort war ich für deren Webseite verantwortlich, aber auch für solche einfachen Tätigkeiten wie Akten sortieren. Auf jeden Fall ging es in dieser Abteilung darum, Erfindungen von Professoren, Universitätsangestellten und Studenten zu Geld zu machen. Als Beispiele für erfolgreiche Technology Transfer-Geschichten amerikanischer Universitäten seien hier einmal die Google-Suchmaschine oder Gatorade genannt. Es lässt sich damit also gutes Geld verdienen. Ein wichtiger Schritt im Prozess ist es, herauszufinden, ob für bestimmte Technologien schon Patente existieren oder nicht. Gibt es für eine Erfindung noch kein Patent, so muss die Erfindung selbst einen langwierigen und teuren Prozess durchlaufen, bis ein Patent erteilt ist. Dieses kann man dann z.B. in einer eigenen Firma nutzen, verkaufen oder aber über Lizensen anderen Firmen zur Verfügung stellen.

Das Thema Patentverletzung ist für viele Unternehmen ein ärgerliches und meist extrem teures. In den Medien liest man oft, wie sich Firmen gegenseitig verklagen und dann sehr hohe Summen als Strafe zu zahlen sind. Das bekannteste Beispiel der jüngeren Geschichte ist hier sicherlich Apple vs. Samsung. Zusätzlich gibt es viele Firmen, deren Geschäftsmodell darin besteht, auf der einen Seite Patente aufzukaufen und aufgrund des Besitzes der Patente dann andere Firmen zu verklagen. Solche Firmen werden als NPEs (Non Practicing Entities) bezeichnet oder auch als Patent-Trolle. Heute wollte ich einmal eine Firma vorstellen, die auch im Patent-Bereich tätig ist, sich des Themas aber anderweitig angenommen hat: RPX Corporation (RPXC).

Geschäftsmodell:
Das Geschäftsmodell des 2008 gegründeten Unternehmens sieht so aus, dass sie alleine oder in Zusammenarbeit mit Partnern Patentpakete aufkaufen. Gleichzeitig bieten sie Unternehmen die Möglichkeit, gegen Gebühr einen Zugriff auf die gehaltenen Patente zu bekommen und zusätzlich die Gewissheit zu bieten, die Unternehmen nicht auf Patentverletzungen zu verklagen. Seit einiger Zeit sind sie auch im Versicherungsgeschäft tätig (Versicherung gegen Patentverletzungsklagen) und haben Anfang des Jahres ein Unternehmen (Inventus) aufgekauft, welches auf Patent-Untersuchung spezialisiert ist. D.h. über dieses kann man relativ schnell herausfinden lassen, ob eine neue Erfindung bestehende Patente verletzt. Dieses neue Unternehmen, dessen Übernahme relativ kostspielig war, wird gerade integriert und RPX erwartet sich hier ein enormes Potential - v.a. auch im Zusammenspiel mit dem bereits vorhandenen Kundenstamm.

Chart:

Das Unternehmen ist erst seit 2011 an der Börse und hat sich bisher nicht wirklich mit Ruhm bekleckert. Ursprünglich aufmerksam geworden bin ich auf RPX im letzten Jahr, da es in einer Screeningliste für Unternehmen mit niedrigem KFCF-Verhältnis auftauchte. Auch wenn die 'klassische' Berechung des Free Cashflow (OCF - CAPEX ohne Berücksichtigung der Ausgaben für neue Patente) für dieses Unternehmen nicht wirklich richtig war, fand ich es trotzdem sehr interessant. V.a. da es Gewinne machte, die ausgewiesenen FCF wesentlich höher, als die ausgewiesenen Gewinne waren, gutes Wachstum vorlag und ein im Verhältnis zur Marktkapitalisierung recht hoher Cashbestand bei quasi Schuldenfreiheit vorhanden war.

Zu den Geschäftszahlen:

Die Umsätze sind stetig gestiegen, die Nettogewinne dagegen stagniert und in diesem Jahr sogar signifikant zurückgegangen. Hauptproblem dieser Betrachtung: die Hauptausgaben für RPX sind die Käufe von Patent Assets und die damit verbundenen Abschreibungen. Erworbene Patent Assets werden über einen Zeitraum von rund 4 Jahren abgeschrieben. Die Cashflows der Firma sehen also wesentlich besser aus, als die ausgewiesenen Nettogewinne und sollten für die Bewertung von RPX ein höheres Gewicht einnehmen, als die reine Betrachtung des Gewinns.

Was gefällt mir an RPX:

  1. Relativ junges, innovatives Unternehmen mit gewissem KnowHow-Vorsprung. In dem, was sie bieten, gibt es keinen direkten Konkurrenten. Aus eigener Erfahrung im OTT weiß ich, dass es ein extrem komplexes Thema ist. D.h. meiner Meinung nach gibt es relativ hohe Eintrittsbarrieren für Konkurrenzunternehmen.
  2. Durchgehend wurden Gewinne erwirtschaftet. Umsätze steigen. Das 'echte' Gewinnerwirtschaftungsvermögen wird durch die hohen Abschreibungen verschleiert.
  3. Dürften mit Marktkapitalisierung von unter 1 Mrd. Dollar unter dem Radar laufen bzw. viele Fonds dürfen nicht darin investieren.
  4. Die Inventus-Übernahme könnte unterschätzt oder zu Unrecht als zu teuer angenommen werden. Ich persönlich hatte z.B. bei der KPS Consulting AG den Fehler gemacht, sie zu verkaufen, weil ich die Übernahme der getit als zu teuer angesehen hatte. Mein Verkaufspreis vor ca. 1,5 Jahren: rund 6 €. Kurs aktuell: rund 10 €. Inventus selbst ergänzt die bisher angebotenen Dienstleistungen meiner Meinung nach sehr gut und zusätzlich haben sie wohl bereits an die 1000 eigene Kunden. Die Kunden, die bisher noch keine RPX-Kunden waren, könnten ja evtl. RPX-Kunden werden und wiederkehrende Einnahmen bringen durch den Abschluss eines 'Abos'.
  5. Aktuell werden Aktienrückkäufe durchgeführt. Vom 150 Mio. Aktienrückkaufprogramm wurden erst 65 Mio. genutzt.
  6. Interessante SEC-Filings, aus denen man viel über deren Geschäft lernen kann.
  7. Relativ geringe CAPEX-Kosten, wenn man von den Patentacquisitionen absieht. Der Hauptteil der Fixkosten liegt beim Personal.
  8. Einfache Erfolgsformel: mehr Kunden heißt mehr Geld -> mehr Geld heißt mehr Patente -> mehr Patente heißt mehr Kunden ?
  9. Mehr als 90 % der Kunden bleiben und verlängern ihr 'Abo'.
  10. Quasi schuldenfrei (CCE mit 130 Mio. > LTD mit 97 Mio.)
  11. Der CEO und Gründer John Amster hat ca. 1 Mio. Aktien. Er sollte also auch an einer Erholung des Aktienkurses interessiert sein.

Was gefällt mir nicht so gut:

  1. Evtl. bringt Inventus-Übernahme nicht so viel, wie erhofft. 228 Mio. Dollar für ein Unternehmen, welches im ersten Halbjahr 29 Mio. an Umsatz und lediglich 3 Mio. an EBIT gebracht hat, sind schon viel und müssen erstmal wieder reingespielt werden.
  2. Die Höhe des Umsatzes für das Abo ist wohl vom jeweiligen Geschäftserfolg des Kunden abhängig. Das klingt auf jeden Fall erstmal ungewöhnlich, da ja dann RPX weniger Umsatz macht, wenn es dem Kunden (aus welchem Grund auch immer) schlecht geht. Allerdings könnte man das auch positiv sehen, da ja dann die Kosten des Kunden auch geringer sind, er den Vertrag nicht aus Kostengründen in schlechten Zeiten kündigt und somit in den dann hoffentlich kommenden besseren Zeiten immer noch Kunde ist.
  3. Knapp 100 Mio. Kredit wurde aufgenommen
  4. Gesetzgebung hat sich geändert, so dass NPEs es seit Ende 2015 schwerer haben, Klagen einzureichen. Sie müssen bereits bei Klage konkret nachweisen, wie die Patente verletzt wurden. Vorher hat wohl der pure Verdacht genügt und viele verklagte Unternehmen haben dann einem Vergleich zugestimmt, um Ruhe zu haben. In 2015 gab es 13' NPE-Aktionen, in denen es um 10 Mrd. USD ging. In 2014 waren es noch 14' mit 12 Mrd. USD. Wenn die Kunden von RPX also das Gefühl haben, dass von NPEs nicht mehr so große Gefahr ausgeht, könnten sie evtl. RPX verlassen.
  5. Mit 3.9 Mio. relativ viele ausstehende RSU (restricted stock units). Im ersten Halbjahr sind rund 2.5 Mio. hinzu gekommen. Die daraus resultierende Verwässerung sollte man nicht außer Acht lassen.
  6. 'Falling Knife'-Chartbild, wenn man es mal seit Börsengang betrachtet. Normal geben ich ja nicht viel auf Chartanalyse, aber evtl. stehen sie ja im Moment zu Recht da, so sie stehen?
  7. Geringe Handelsvolumen in Deutschland.
  8. Insiderbeteiligung nur durch großzügig zugeteilte RSUs (restricted stock units).

Versuch einer Bewertung:
Da ich hier schwer Prognosen über die Umsatzentwicklung anstellen kann und eine KGV-basierte Bewertung nicht wirklich Sinn macht, versuche ich heute einmal eine relativ simple Cashflowbasierte Bewertung vorzunehmen. Betrachtet man die Ausgaben der letzten Jahre für Patent Assets, so kann man zu dem Schluss kommen, dass wohl um die 130 Mio. pro Jahr dafür aufzuwenden sind, um die Bestandskunden bei Laune zu halten und evtl. ein paar neue zu gewinnen. Nimmt man dann einen operativen Cashflow von 200 Mio. an (Wert des ersten Halbjahres 2016 * 2 + leichtes Wachstum durch Inventus), so kommt man auf einen Free Cashflow von rund 70 Mio. Für unverschuldete Unternehmen mit geringem Wachstum nutze ich gerne der Einfachheit halber einen FCF-Multiplikator von 10, so dass wir zu einem fairen Wert von 700 Mio. USD kommen würden bzw. rund 14 USD pro Aktie. Aktuell liegt der Kurs bei rund 10 USD.

Fazit:
RPX ist ein sehr interessantes Unternehmen, für das ich eine gewisse Unterbewertung sehe. Aus diesem Grund habe ich mir auch ein paar Aktien gekauft.

Wichtiger Hinweis:
Dies ist keine Kaufempfehlung. Ich bin kein Investmentberater, sondern habe hier nur dargestellt, wie ich das Geschäft von RPX sehen und bewerten würde. Hier kann jeder zu einem anderen Ergebnis kommen. Daher bitte vor einem Invenstment eigene Analysen durchführen und Fakten checken. Bei Datenübernahme und deren Analyse können mir durchaus Fehler passiert sein. Die geringen Handelsumsätze in Deutschland und die damit verbundenen höheren Spreads sind entsprechend zu beachten.

Freitag, 16. September 2016

Rayonier Advanced Materials (RYAM) - Fast ein SpinOff, wie aus dem Lehrbuch. Doch wo bleibt der Rebound?

Rayonier Advanced Materials (RYAM) - Fast ein SpinOff, wie aus dem Lehrbuch. Doch wo bleibt der Rebound?

Nachdem Anfang der Woche der Uniper-SpinOff auch börsentechnisch durchgezogen wurde, erinnerte ich mich, dass ich auf meiner Watchliste schon seit einiger Zeit einen 2014er SpinOff zur tiefergehenden Analyse stehen hatte. Hierbei handelt es sich um den SpinOff von Rayonier Advanced Materials (RYAM) aus Rayonier (RYN). Raynonier selbst ist mittlerweile ein REIT, sprich im Immobiliengeschäft unterwegs. RYAM wurde damals mit massiven Schulden versehen (nicht ungewöhnlich bei SpinOffs) und mit ihm wurde das ganze Zellulose-Geschäft abgespalten. Diese Zellulose wird aus Holzspänen hergestellt und findet in diversen Industrien Anwendung. Ca. 80 % der Umsätze kommen aus "Cellulose specialties products" (z.B. für Zigarettenfilter), der Rest aus "Commodity products" (für Windeln, Hygieneartikeln etc.). Vor allem in das "Cellulose specialties"-Geschäft gibt es wohl gewissen Eintrittsbarrieren, welche dazu geführt haben, dass fast die gesamte weltweit pro Jahr benötigte Menge (1,4 Mio. Metrische Tonnen laut Bracell-Annual Report) von lediglich 4 Unternehmen bereitgestellt wird. Diese wären RYAM (USA, Kapazitäten von 490'), Bracell (Brasilien, Kapazitäten von 350'), Tembec (CA/FRA, Kapazitäten von 310') und Neucel (CA, Kapazitäten von 195'). Irgendwo hatte ich auch noch was von Buckeye gelesen. Die wurden aber 2013 von Georgia-Pacific LLC für 1,5 Mrd. $ übernommen und da konnte ich nichts bezüglich deren Kapazitäten finden.

Hier mal ein Kursverlauf, der für SpinOffs nicht ungewöhnlich ist (und den daher aktuelle Uniper-Aktionäre evtl. in Zukunft auch sehen könnten). Alle Shorties hatten an der Aktie ihre helle Freude, würde ich sagen.

Am Anfang konnten Sie sich noch ganz gut halten. Dann gab es erst buchhalterische Probleme (Rückstellungen zur Beseitgung von Umweltschäden waren wohl zu niedrig angesetzt), anhaltende Preisrückgänge durch Überkapazitäten (dazu später mehr), Verluste von Großaufträgen, Abschreibungen auf vorher teuer umgerüstete Produktionsstätten und gerichtliche Auseinandersetzungen mit dem Hauptkunden. Diese gerichtlichen Auseinandersetzungen hatten dazu geführt, dass der Kurs im August letzten Jahres innerhalb eines Tages um etwa 50 % bis auf knapp 6 $ abgestürzt war. Seither hat er sich wieder erholt. Für schwache Nerven ist das Papier auf jeden Fall mal nix. Hier einmal ein Blick auf die Geschäftszahlen vor (bis 2014) und nach (ab 2014) dem SpinOff:

Man kann sehr schön erkennen, dass es bis zum SpinOff über Jahre ein sehr erträgliches Geschäft war. Daher war der Kurs kurz nach dem SpinOff wahrscheinlich auch nicht so stark abgestürzt, wie man es durch die enorme Schuldenlast verbunden mit einem negativen Eigenkapital hätte vermuten können. In diversen SeekingAlpha-Artikeln wurde damals ein EV/EBITDA von 7 zugestanden und daraus hatten die Kollegen dann mit einem EBITDA von 350 Mio. einen fairen Kurs von 35-40 berechnet. Diverse Shorties warnten vor den Überkapazitäten (=führt zu sinkenden Preisen), dem nicht wirklich vorhandenen Wachstumsmarkt (Zigarettenfilter) in Kombination mit den hohen Schulden und haben durchaus recht behalten. Die Geschäftsentwicklung der letzten 2 Jahre ist eine gute Erinnerung daran, dass man die Wahrscheinlichkeiten für die Bestfall-Szenarien nicht zu hoch und die für die Schlimmst-Fall-Szenarien nicht zu niedrig ansetzen sollte. Ich sage nur Murphys Gesetz.

In einem anderen SeekingAlpha-Artikel (bzw. eine Kommentar) hatte sich ein Nutzer interessante Gedanken über die Überkapazitäten gemacht. Darin äußerte er die These, dass die etablierten Player (allen voran RYAM als Marktführer) die Überkapazitäten durchaus bewusst erzeugten, um damit den Preis zu drücken und potentielle Neueinsteiger abzuschrecken. Mir war diese Taktik bisher nur aus dem Kaligeschäft bekannt. Immer dann, wenn Unternehmen in relativ stabilen Nischenmärkten (der weltweite Zigarettenkonsum sollte in etwa gleich hoch bleiben in Zukunft bei rund 1 Mrd. Konsumenten) solch hohe Margen erwirtschaften (GK/EK-Renditen jenseits der 20/40 %), denken sich andere natürlich, dass man da auch reinkönnte. Ein solches Verhaltensmuster hatte es wohl auch in der Vergangenheit schon gegeben mit dem gewünschten Ergebnis (=keine Neueinsteiger). Wenn ich richtig gelesen hatte, war Bracell (früher Sateri) das einzige Unternehmen, was in den Markt kam. Bracell selbst ist von Brasilien aus aktiv und ich hätte mir gewünscht, diese Analyse früher durchgeführt zu haben, denn dann hätte ich mir deren Aktien mit Sicherheit gekauft. Die hatten in 2015 ein EBITDA von 184 Mio. USD. erwirtschaftet bei einer Marktkapitalisierung von 397 Mio. USD und einer Nettoverschuldung von lediglich 137 Mio. USD. Noch Anfang Juni wurden sie für knapp 0,10 €/Aktie gehandelt. Jetzt stehen sie bei 0,25 €, nachdem der Hauptaktionäre die Minderheitsaktionäre rausdrängen und Bracell (wird in HongKong gehandelt) von der Börse nehmen will. Ärgerlich...

Was gefällt mir an Rayonier?

  1. Schuldenabbau geht voran.
  2. Relativ hohe Eintrittsbarrieren (v.a. durch KnowHow-Vorsprung).
  3. Nischenmarkt mit oligopoler Wettbewerberstruktur (4-5 decken fast den kompletten Markt ab).
  4. Aktuelle Marktsituation (Überkapazitäten und immer noch sinkende Preise) dürfte Neueinsteiger abschrecken.
  5. Dürfte durch das negative Eigenkapital wohl bisher bei vielen unter dem Radar gelaufen sein. Zusätzlich durch relativ geringe Marktkapitalisierung für diverse institutionelle Anleger uninteressant.
  6. Dividende (aktuell 7 cent/Quartal) würde das Warten erleichtern.
  7. Auf KGV und KFCF-Basis recht günstig. Bei EV/EBITDA zwischen 5-6 fair bewertet.
  8. Dem Wettbewerber Tembec geht es noch dreckiger. Deren Schuldensituation ist noch präkerer in meinen Augen und deren GuV lässt nicht wirklich auf Besserung hoffen. Da diese für etwa 310' Metrik Tonnen an Kapazität stehen, würde sich bei einer Pleite von Tembec die Überkapazitätssituation evtl. entspannen.

Was gefällt mir nicht?

  1. Das Management hat zwar viel Erfahrung, da sie auch vor dem SpinOff schon das Sagen hatten. Aber diverse Pre-SpinOff-Vorgänge kann man ihnen auch ankreiden, die erst Post-SpinOff Auswirkungen auf die Geschäftergebnisse hatten. Warum rüste ich z.B. erst ein Werk teuer um, um es 3 Jahre später wieder (zumindest teilweise) auf Commodity Products-Produktion umzustellen?
  2. Die Schuldenlast ist immer noch sehr hoch. Der Großteil (d.h. mehr als 500 Mio. USD an mit 5,5 % verzinste Senior Notes) ist zwar erst 2024 fällig. Aber die zu zahlenden Zinsen (jährlich hierfür knapp 27 Mio.) müssen natürlich auch erst einmal erwirtschaftet werden.
  3. Letzten Monat wurden bis zu 1,725 Mio. neuartige Wandel-Vorzugsaktien zu 100 USD emittiert. Die bringen wohl 8 % Dividende/Jahr und werden dann nach 3 Jahren (also 2019) in Stammaktien umgewandelt in einem Umwandlungsverhältnis irgendwo zwischen 1:6.5923 und 1:7.7459. D.h. wenn ich es richtig verstanden habe, würden dann zwischen 11,3 Mio. und 13,36 Mio. Stammaktien hinzukommen, was natürlich jetzt schon wichtig ist für eine Bewertung. Zusätzlich würde eine fixe Dividendenbelastung von 13,8 Mio. USD für die nächsten 3 Jahre hinzukommen (1,725 Mio. Aktien * 8 %/Aktie bei 100 USD/Aktie). Durch die Ausgabe kamen zwischen 145 und 167 Mio. an Cash rein, welche für Investitionen, Acquisitionen oder Schuldenabbau benutzt werden sollen. Ich würde hier eher auf Investitionen und Acquisitionen tippen, denn warum sollte ich etwas mit 8 % verzinstes ausgeben, um damit etwas mit 5,5 % Zinsen zu tilgen (bzw. unter 2 % für die anderen Schulden). Aber auch das ist nur meine Interpretation dieser neuen Aktiengattung. Die zugehörigen SEC-Filings waren recht kompliziert. Falls hier jemand etwas genaueres weiß, hinterlasst bitte einen Kommentar.
  4. Überschaubare Insiderbeteiligung (CEO hält z.B. nur 0.3 %).
  5. Bracell ist schon stark als Wettbewerber und wird zusätzlich zukünftig intransparenter, wenn sie wirklich von der Börse genommen werden.
  6. Gesamtmarkt für "Cellulose specialties products", welches ja ihr Hauptprodukt ist, ist kein Wachstumsmarkt. Er ist zwar krisenresistent (geraucht wird auch in schlechten Zeiten), aber von Wachstum dürfte hier nicht ausgegangen werden.
  7. Gerichtliche Auseinandersetzungen mit dem Hauptkunden sind nicht gut und könnten Narben hinterlassen, auch wenn die Probleme kurzzeitig beseitigt wurden.

Versuch einer Bewertung:
Ich würde hier mal wieder eine Bear-Case/Normal-Case/Bull-Case-Bewertung durchführen, wobei ich diesmal mit EV/EBITDA arbeite. Für alle Fälle verwende ich eine Aktienanzahl von 50 Mio. (aktuell 43,2 + 13,3 durch Vorzugsaktienwandlung 2019 + rund 3 durch normale Verwässerung wie Optionen und RSUs). Im Bear-Case würde ich einen Rückgang des EBITDA auf 150 Mio. annehmen, einen EV/EBITDA-Multiplikator von 4 und einem Schuldenabbau von 40 Mio. $ pro Jahr. Im Normal-Case ein EBITDA von 200 (wie für 2016 vorhergesagt), einen EV/EBITDA-Multiplikator von 4,5 und einem Schuldenabbau von 70 Mio $ pro Jahr. Im Bull-Case würde ich ein EBITDA von 300 annehmen (wie vor SpinOff), einen EV/EBITDA-Multiplikator von 5 und einem Schuldenabbau von 100 Mio $ pro Jahr. Hier das Ergebnis mit einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von 30/60/10:

Mit diesen Annahmen würde sich für Ende 2020 ein Kurs von rund 12,50 USD ergeben. Aktuell liegen wir nur knapp darunter und somit kaufe ich die Aktie zum gegenwärtigen Kurs nicht. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich aufgrund anhaltender Schwankungen in Zukunft doch einmal die Möglichkeit eines Einstiegs bietet. Das ganze Szenario hat doch irgendwie zu viele positive Aspekte, als das man es pauschal bei Seite räumen sollte.

Wie immer gilt: dies ist keine Empfehlung, sondern nur eine Beschreibung meines Verständnisses der Situation des Unternehmens inkl. eines Versuchs einer Bewertung. Ich habe im Moment keine Aktien des Unternehmens und bei meiner Analyse können durchaus Fehler passiert sein oder aber ich könnte wichtige Details übersehen oder fehlinterpretiert haben. Daher: immer selbst informieren, bevor du eine Entscheidung triffst.

Mittwoch, 14. September 2016

Randstad - Analyse des Zeitarbeit-Marktführers in Deutschland

Randstad - Analyse des Zeitarbeit-Marktführers in Deutschland

In der letzten Woche hatte ich mir das amerikanische Zeitarbeitsunternehmen Manpower Group angeschaut. Mit dem niederländischen Unternehmen Randstad werfe ich heute mal einen Blick auf einen Wettbewerber bzw. der - gemessen am Umsatzvolumen - weltweiten Nr. 2 nach Adecco. Zum Geschäft von Randstad muss man, wenn man die beiden bisherigen Artikel zu Zeitarbeitsunternehmen (hier und hier) gelesen hat, nicht mehr viel sagen. Kommen wir daher direkt einmal zu den Fakten, sprich den Geschäftszahlen der letzten 10 Jahre:

Man kann relativ gut erkennen, dass sich der Umsatz seit 2006 mehr als verdoppelt hat. Hauptgrund hierfür waren 2 größere Übernahmen. Die erste fand 2008 statt (Zusammenschluss mit Vedior) und die zweite in 2011 (SFN Group). Gewinn- und cashflowtechnisch waren diese allerdings nicht so ertragsreich, wie erhofft. Vor der Vedior-Übernahme waren die Margen noch wesentlich besser (siehe Zahlen von 2006 und 2007). 2 Krisen (Finanzkrise 2009 und Eurokrise 2011) kann man in den Geschäftszahlen auch ganz gut ablesen. Eine Kunjunkturunabhängigkeit liegt hier also erwartungsgemäß nicht vor.

Im August wurde die Übernahme von Monster Worldwide für knapp 400 Mio. € angekündigt. Dieses Unternehmen ist bekannt für die Monster-Webseiten. Ein schneller Blick auf deren Geschäftszahlen zeigt allerdings, dass sie sich meiner Meinung nach nicht unbedingt eine Perle kaufen. Sinkende Umsätze, mehrmalige Verluste in den letzten Jahren, teilweise negativen FCF und einiges an Geld für Übernahmen rausgehauen. Sagen wir mal so: der Chartverlauf von MWW sieht nicht umsonst so aus, wie er aussieht... Aber vielleicht irre ich mich ja auch diesbezüglich. Habe dahingehend keine Detailanalyse durchgeführt.

Die Zahlen des ersten Halbjahres sahen bei Randstad ganz gut aus, wenn auch nicht wirklich überragend. Rechnet man diese einmal hoch, kommt man auf ein etwas höheres Umsatz- und Gewinnniveau, als 2015 bei einem gleichzeitig knapp 40 % niedrigeren Kurs. Ende letzten Jahres standen sie bei fast 60 €. Jetzt bei rund 40 €. Im Zuge des Brexit-Volksentscheides war der Kurs von über 46 € auf etwa 33 € abgesackt. Die Anleger sehen also - ähnlich wie bei Manpower - gewisse Probleme auf das Unternehmen zukommen. Ein Blick auf die weltweite Umsatzverteilung zeigt, dass auch hier eine starke Abhängigkeit von der europäischen Wirtschaft vorliegt: Nord Amerika 4.6 Mrd, Niederlande 3 Mrd, Frankreich 2.8 Mrd, Deutschland 2 Mrd, Belgien+Luxemburg 1.3 Mrd, Spanien+Portugal 1.2 Mrd., UK 0.9 Mrd, Rest Europa 1.6 Mrd., Rest der Welt 1.6 Mrd.

Was mir an Randstad ganz gut gefällt, ist deren durchgehende Profitabilität und die ganz gute Dividendenrendite. In einigen ihrer Märkte sind sie die klare Nr. 1. Sie sind schon viele Jahre am Markt und sollten daher eine gewisse Erfahrung mitbringen.

Was mir nicht so gut gefällt, sind die Aktiengattungen, aus denen man nicht direkt schlau wird. Neben den normalen Stammaktien, deren Zahl durch Verwässerung durch Mitarbeiteraktien übrigens stetig zunimmt (aktuell 183,7 Mio.), gibt es zusätzlich noch 25.2 Mio. type-B und 50,1 Mio. type-C-Aktien. Im Geschäftsbericht ist zusätzlich bei gefühlt jeder zweiten Tabelle irgendwas von adjusted zu lesen. Wenn dann z.B. der Gewinn/Aktie als "before amortization, impairment, badwill, integration costs and one-offs" präsentiert wird, kommt man sich schon leicht verarscht vor. Die Monster-Übernahme finde ich nicht optimal. Auch wenn (wie eigentlich meistens bei Übernahmen) Synergiepotentiale hervorgehoben werden, sehe ich im Angebot von Monster nichts weltbewegend Tolles. Aus meinem Nutzungsverhalten und dem meiner (ehemaligen) Kollegen würde ich eher ableiten, dass Monster den Kampf gegen LinkedIn und Xing verlieren wird oder aber bereits verloren hat. Die Leute pflegen ihre Profile sicherlich nicht (mehr) mehrfach. Bei Monster schaue ich interessehalber ab und an mal rein (2-3 mal im Jahr), bei Xing mehrmals die Woche. Es ist also ein wenig, wie bei Facebook und dem VZ-Netzwerk oder MySpace. Aber wie schon gesagt: vielleicht irre ich mich ja auch. Die Zukunft wird es uns zeigen.

Bewertung:
Mit einer Bewertung tue ich mich bei Randstad durch die stark schwankenden Geschäftszahlen schwer. Rechne ich die Halbjahreszahlen von Randstad einmal hoch, komme ich auf ein KGV von rund 14. Bei einem Blick auf die Vergangenheit des Unternehmens und der aktuell recht unklaren Lage der Weltwirtschaft (nicht wirklich gut, nicht wirklich schlecht) wäre Randstad für mich einer dieser Kandidaten, bei denen man nur auf schlechte Zeiten zu warten braucht, dann aber ohne schlechtes Gewissen zugreifen kann. In solchen Zeiten werden dann Investitionen zurückgefahren und das Working Capital wird optimiert, um Schulden abzubauen bzw. die Kapitalbasis zu stärken. Dies ist in 2008/2009 und 2011/2012 ganz gut zu erkennen. Daher: im Moment nein danke. In Zukunft vielleicht, wenn sie sich die Bilanz nicht versaut haben durch weitere teure Übernahmen. Würde der Kurs jetzt so bei 25-30 stehen, würde ich evtl. überlegen. So aber nehme ich einfach mal eine 'faire' Bewertung an und füge das Unternehmen meiner Watchlist hinzu.

Freitag, 9. September 2016

Alexander Goldwein - Geld verdienen mit Wohnimmobilien

Alexander Goldwein - Geld verdienen mit Wohnimmobilien

Meine letzte Buchvorstellung war "Rich Dad Poor Dad" von Robert Kiyosaki. In diesem Buch beschrieb Herr Kiyosaki, wie er seinen Reichtum v.a. mit vermieteten Immobilien aufgebaut hat und ich wollte mir einmal anschauen, ob so etwas auch in Deutschland möglich ist. Zu diesem Zweck bestellte ich mir das Buch "Geld verdienen mit Wohnimmobilien" von Alexander Goldwein. Herr Goldwein ist seit vielen Jahren in der Immobilienbranche unterwegs und hat auch schon einige Bücher zum Thema verfasst. Mehr über ihn und seine Bücher kann man hier erfahren. Wenn man sich das so anschaut, steht Herr Goldwein auch für ein anderes Prinzip von Herrn Kiyosaki: passives Einkommen schaffen durch einmalig erstelltes 'Intellectual Property'. Er hat einige Bücher verfasst, die ihm in der Vergangenheit, Gegenwart und wohl auch Zukunft Geld bringen werden, ohne dass er selbst noch sehr viel dafür tun muss (von gelegentlichen kleinen Aktualisierungen abgesehen). Wenn man bei Büchern zu einer bestimmten (mittlerweile boomenden) Nische einmal die Nr. 1 bei Amazon ist, lassen sich auch darauf aufbauende Bücher sehr gut vermarkten. Neben seinen 'normalen' Einkünften als Anwalt und Berater hat er also passive Einkünfte über Immobilien und weitere passive Einkünfte über seine Bücher. Er ist auf dem richtigen Weg, würde ich behaupten, ohne ihn persönlich zu kennen.

Zum Buch selbst:
Es enthält meiner Meinung nach viel Interessantes, was dem angehenden Immobilieninvestor und - was ich vorher nicht erwartet hätte - normalen Immobilienkaufer/Häuslebauer helfen kann. Am Anfang wird kurz auf die aktuelle Situation am Immobilienmarkt eingegangen (hohe Nachfrage; überschaubares Angebot; im Vergleich zur Vergangenheit sehr geringes Zinsniveau). Dann folgen einige Investitionsrechnungen zur Bestimmung der Rendite. Was ich dabei lernen konnte, war z.B. das das KGV bei Immobilien Vervielfältiger genannt wird. Ansonsten ist es eher Investitionsrechnung aus BWL - 1. Semester. D.h. Mieteinnahmen hernehmen, Kosten abziehen (für Zinsen, Instandhaltung, Hausverwaltung etc.) und das was unten übrig bleibt ins Verhältnis zum Gesamtkapital (Kredit + Eigenkapital) und Eigenkapital setzen. Das ist dann die jährliche Rendite. Dann mind. 10 Jahre warten, die Immobilie verkaufen und den Gewinn steuerfrei einstreichen, wenn man sich an bestimmte Regeln gehalten hat (z.B. das Ganze nicht mit zu vielen Immobilien machen). Wenn ich ehrlich bin, wünsche ich mir da die 1-jährige Spekulationsfrist bei Wertpapieren zurück, die leider 2009 abgeschafft wurde.

Anschließend werden Strategien für Renditeomtimierung erläutert. Beispielsweise, wie man Mieten gesetzeskonform steigern kann, wie man Steuern sparen kann etc. Hier sind einige interessante Informationen untergebracht, die einem vor Auge führen, dass es immer Mittel und Wege gibt, bestimmte Vorgaben (z.B. die von der Politik mit viel Trara eingeführte Mitpreisbremse) zu umgehen. Steuerlich gesehen war für mich z.B. neu, dass man nur einen bestimmten Prozentsatz für Instandsetzung bei vermieteten Objekten in den Jahren nach dem Kauf direkt absetzen kann. Eine Komplettrenovierung einer Schrottimmobilie wird anders gehandhabt, da dann wohl die Kosten auf den Kaufpreis umgelegt werden und über einen längeren Zeitraum abzuschreiben sind. Insgesamt gesehen würde ich die ersten Abschnitte als den wirtschaftlichen Teil bezeichnen, der meiner Meinung nach nicht so schwer zu verstehen ist. Geschäftsberichte lesen ist schwerer.

Was dann folgt, sind Abschnitte, die auch für Menschen interessant sind, die sich eine Wohnimmobilie zur Eigennutzung kaufen oder bauen möchten. Er geht z.B. auf die einzuhaltende Reihenfolge der Schritte beim Kauf ein. Dies ist dahingehend wichtig, da im Normalfall mehrere Parteien involviert sind (Käufer, Verkäufer, Bank(en), Notar). Zusätzliche rechtliche Themen (z.B. Mietverträge) werden kurz angerissen. Da hier aber keine echten Pauschalaussagen getroffen werden können (zu viele Spezialfälle), wird zu Recht auf die Nutzung von Spezialisten (Rechtsanwälte und Steuerberater) verwiesen.

Ein weiterer für mich sehr interessanter Abschnitt war der zum Baurecht bzw. zur Interpretation von Bebauungsplänen. Damit hatte ich mich zwar in der Vergangenheit auch schon einmal auseinander gesetzt. Die Zusammenfassung hier war aber eine echt nette Auffrischung meines Wissens. Abschließend wird noch auf Finanzierungsmöglichkeiten eingegangen - sprich wie man an das meist notwendige Fremdkapital kommt.

Insgesamt gesehen ist das Buch inhaltlich sehr gut. Auf den 275 Seiten sind viele Informationen untergebracht und auch die vom Autor zur Verfügung gestellten Excel-Tabellen sind hilfreich. Nur den Preis von 39,90 € für die gebundene Ausgabe fand ich im Nachhinein etwas zu hoch. 10 € weniger hätten es auch getan. Da ich parallel dazu bei Ebay das etwas farblosere Wohnimmobilien-Buch von Franz Netter für 4,99 € erstanden habe, weiß ich, dass es auch etwas preiswerter gehen würde. Obwohl: Apple macht ja sein iPhone auch nicht billiger, nur weil ein Google Nexus nur die Hälfte kostet.

Was habe ich für mich mitgenommen:
Geld verdienen mit Immobilien scheint wohl auch in Deutschland durchaus möglich zu sein, wenn auch etwas komplizierter. Vor allem die steuerlichen Aspekte können als Pluspunkte angeführt werden (Gewinn nach 10 Jahren steuerfrei, Kosten können steuerlich geltend gemacht werden). Ich persönlich werde aber in naher Zukunft wohl erst einmal nicht aktiv werden aus folgenden Gründen:

  1. Fehlende Erfahrung in diesem Bereich und wenig Möglichkeiten, Erfahrungen zu sammeln (wie z.B. mit Musterdepots bei Aktien). Zum Erfahrung sammeln müsste ich entweder in die Branche wechseln (will ich nicht) oder es muss viel Geld in die Hand genommen werden (kann ich nicht).
  2. Es ist ein zu großes Netzwerk notwendig, was man so am Anfang noch nicht hat (Rechtsanwalt, Makler, Hausverwalter, Gutachter, andere Immobilieninvestoren, Steuerberater, Handwerker). Bei Wertpapieren kann ich alles schön und preiswert alleine machen. D.h. ich bin so erstmal von niemandem abhängig.
  3. Gewisse Ängst (Mietnomaden/unzuverlässige Mieter). Bei angebotenen (bzw. nicht unter der Hand vermittelten) Immobilien habe ich immer irgendwie das Gefühl, dass damit was nicht stimmt oder dass da ein Haken sein muss.
  4. Die Immobilien sind im Moment einfach zu teuer in der Gegend, in der ich wohne (Speckgürtel München). D.h. die erzielbaren Renditen sind mir zu klein. Was nützt es mir, wenn ich zwar monatlich 1700 € Mieteinnahmen erziele, dafür aber ein 45 Jahre altes, renovierungsbedürftiges Haus für 550' € kaufen muss (bzw. 750' € inkl. Notar, Grunderwerbsteuer, Makler und Instandsetzung/Ausbau)? Wenn ich das Haus für 350' bekommen würde, würde ich vielleicht überlegen. In der Gegend, aus der ich ursprünglich komme, sind zwar die Immobilien wesentlich preiswerter. Dort kann ich aber nur schwer einschätzen, was die Zukunft bringt. D.h. wird es genügend Leute geben, die in Zukunft dort zur Miete wohnen werden?
  5. Wenn man vermietete Objekte besitzt, fliegt man bei vielen Einheimischenmodellen raus. D.h. der Erwerb erschwinglicher Grundstücke wird damit erschwert.

Dienstag, 6. September 2016

ManpowerGroup (MAN) - Analyse der Begründer der Zeitarbeit

ManpowerGroup (MAN) - Analyse der Begründer der Zeitarbeit

Kürzlich hatte ich mir einmal börsennotierte Unternehmen der Zeitarbeitsbranche angeschaut inkl. der Beschreibung des Geschäftsmodells, welches für alle Marktteilnehmer gleich ist. Dabei hatte ich das amerikanische Unternehmen Manpower Group als interessanten Vertreter herausgepickt, der eine Detailbetrachtung wert ist. Diese folgt nun heute hier.

Zum Unternehmen:
Das Unternehmen wurde 1948 von 2 Anwälten gegründet, die festgestellt hatten, dass es durchaus Bedarf an temporären Arbeitskräften in Unternehmen gibt. In deren Fall war es eine Sekretärin, deren Dienste sie nur temporär benötigten. Manpower gilt somit als Begründer der Zeitarbeitsbranche. Sie unterhalten ca. 2900 Standorte in über 80 Ländern und haben mehr oder weniger 2 Standbeine: staffing services (Vermittlung/Headhunting) und outplacement services (klassische Leiharbeit). Nach eigenen Aussagen schwankt die Gewichtung der beiden Geschäftsbereichen je nach Konjunkturlage hin und her.

Die regionale Umsatzverteilung für das erste Halbjahr 2016 (insgesamt 9,6 Mrd.) gestaltet sich folgendermaßen: 1.4 Mrd. USA, 0.7 Mrd. Nord- + Südamerika ohne USA, Südeuropa 3,6 Mrd. (64 % davon in Frankreich, 15 % Italien), Nordeuropa 2.5 Mrd. (36.5 % davon in UK, 19.2 % in Deutschland, 19.7 % in NSW, 11 % in Holland), Asien/Australien/Mittlerer Osten 1.2 Mrd. (34 % Japan, 23 % Australien).

Zu den Geschäftszahlen 2006-2016:

Die Zahlen sehen für mich weder richtig gut noch richtig schlecht aus, wenn man den gesamten Zeitraum betrachtet. Umsatz und Gewinn sind etwa auf dem gleichen Niveau, wie vor 10 Jahren. Während und nach der Finanzkrise wurden Verluste gemacht und auch sonst bleibt vom Umsatz relativ wenig als Gewinn übrig (nur 1 - 2,5 %). Seit 2012 geht es aufwärts. Beim Free Cashflow habe ich die Ausgaben für Unternehmensübernahmen nicht mit betrachtet und in Summe sind in den letzten 10 Jahren knapp 3,4 Mrd. $ an FCF erwirtschaftet worden. Das Unternehmen wächst meiner Meinung nach v.a. anorganisch durch Unternehmensübernahmen (siehe auch ständig steigender Goodwill). Schaut man sich in diesem Zusammenhang einmal die Gewinnentwicklung oder auch die Marktkapitalisierung an, fragt man sich, wo das erwirtschaftete Geld geblieben ist. Beim Aktionär ist auf jeden Fall bis auf die in Summe knapp 9,50 $ Dividende wenig angekommen. Die Kapitalallokation würde ich hier daher als mittelmäßig bezeichnen. Die GK- und EK-Rendite sehen im Moment in Ordnung aus. Das sahen sie aber vor 10 Jahren auch schon einmal, bevor der Kurs vom Hoch bei rund 95 $ auf ein Tief von rund 24 $ abgestürzt ist. Da war allerdings auch Weltuntergangsstimmung angesagt und fast allen anderen Unternehmen ging es genau so.

Die Verschuldung wurde in den vergangenen 2 Jahren nach oben gefahren. Im Moment steht eine Finanzverschuldung von knapp 850 Mio. $ in den Büchern, welche größtenteils in Euro läuft. Die vorhandene Cashreserve soll u.a. für Aktienrückkäufe verwendet werden. Diese wurden in letzter Zeit intensiviert. Im letzten 10Q wurde eine Aktienanzahl von nur noch knapp 68,5 Mio. genannt. Also einiges entfernt vom langjährigen Mittelwert von 80 Mio. Mit den aktuell gültigen Aktienrückkaufprogrammen können weitere knapp 7,5 Mio. Aktien zurückgekauft werden, was zum aktuellen Zeitpunkt um die 500 Mio. kosten würde und durch das aktuell vorhandene Cash finanzierbar wäre.

Welche positiven Seiten sehe ich bei Manpower?

  1. Sie haben langjährige Erfahrung als Begründer der Branche. Sie haben meiner Meinung nach eine starke und aussagekräftige Marke. Aus dem Firmennamen kann man eigentlich schon erkennen, worum es bei Ihnen geht.
  2. In den letzten Jahren waren sie profitabel. Auch auf Cashflow-Basis.
  3. Der aktuelle Kurs (ca. 72 $) ist einiges vom Hoch im letzten Jahr entfernt, welches bei ca. 96 $ lag. Relativ gesehen zu den Wettbewerbern sind sie etwas preiswerter, was z.B. den KGV angeht. Auch historisch betrachtet sind die aktuellen Kennzahlen ganz gut. Eine direkt sichbare Überbewertung liegt auf jeden Fall schon einmal nicht vor.
  4. Es ist keine großartige Verwässerung durch ausstehende Aktienoptionen zu befürchten (2,5m Optionen ausstehend zu Durchschnittskurs von ca. 69 $).

Welche Minuspunkte sehe ich?

  1. Schwierige Branche ohne wirkliche Möglichkeit, Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln. Am Ende geht es den Kunden um den Preis für die externen Mitarbeiter in Verbindung mit den Beschäftigungsoptionen (Zahlungsziele, Vertragslaufzeiten, etc.). Es gibt viele Konkurrenten. Dabei spreche ich sowohl von Big Playern wie Adecco und Randstad, als auch von zahlreichen kleinen Anbietern, die oft lokal stark vernetzt sind.
  2. Es ist ein stark regulierter Markt mit sich oft ändernden Vorgaben. Ich denke hier nur einmal an die ganzen Gesetze und Regelungen Mindestlohn, gleiche Bezahlung, wie Stammbelegschaft, Übernahmepflichten nach bestimmten Zeiträumen etc. Der Wikipedia-Artikel zum Thema Arbeitnehmerüberlassung ist hier ganz interessant.
  3. Auf Dollarbasis kein wirkliches Umsatzwachstum, wenn man den dargestellten Zeitraum betrachtet. Zusätzlich starke Konjunkturabhängigkeit. Die nächste Krise kommt bestimmt.
  4. Sehr starke Abhängigkeit von Europa. Über 60 % der Umsätze werden hier gemacht. Auf die USA selbst entfallen nur ca. 15 %. Der letzte Kursrückgang resultiert mit hoher Wahrscheinlichkeit vor der Angst der Auswirkungen des Brexit auf die europäische Wirtschaft. Die Führungsriege von Manpower bleibt allerdings optimistisch.
  5. Sehr geringe Insiderbeteiligung. Es gibt zwar 'ownership guidelines' (d.h. Vorstände sollten wohl für mind. 450' Dollar Aktien besitzen), die auch eingehalten werden. So richtig überzeugt vom eigenen Geschäft sind die Kollegen aber wohl nicht.
  6. Zeitarbeit ansich hat meiner Meinung nach nicht das beste Image. Klar hat sie viel zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit beigetragen. Wenn man aber einmal 'Betroffene' fragt (ich habe einige im Bekanntenkreis), so würden sie lieber irgendwo fest angestellt sein. Es ist besser als arbeitslos, aber definitiv schlechter als eine Festanstellung.

Versuch einer Bewertung:
Im ersten Halbjahr 2016 wurde ein leichtes Umsatzwachstum zum Vorjahreszeitraum erzielt, sowie ein Wachstum beim Nettoergebnis von rund 10 %. Das sieht schon mal gut aus, war aber vor der Brexit-Entscheidung. Auswirkungen dieser lassen sich jetzt natürlich schlecht abschätzen. Von daher führe ich einmal eine Worst Case/Normal Case/Best Case-Bewertung durch mit einer entsprechenden 15/60/25-Gewichtung (meine angenommenen Eintrittswahrscheinlichkeiten). Dabei komme ich zu folgendem Ergebnis:

Fazit:
Der aktuelle Kurs liegt bei 72 $, also lediglich rund 10 % unterhalb des für mich bestimmten fairen Wertes (=leichte Unterbewertung). Die Sicherheitsmarge ist mir im Moment eigentlich etwas zu gering. So ab 65 $ würde ich bei den aktuellen Geschäftszahlen überlegen, einzusteigen. Ab auf die Watchlist also... Wie immer gilt: Ich bin kein Anlageberater. Erstellt bitte eure eigenen Berechnungen, bevor ihr eine entsprechende Investmententscheidung trefft.

Sonntag, 4. September 2016

Investitionsrechnung: alter Firmenwagen vs. neuer Firmenwagen

Investitionsrechnung: alter Firmenwagen vs. neuer Firmenwagen

Heute mal was ganz anderes fernab des Investierens an der Börse: ein praktisches Beispiel einer Investitionsrechnung anhand des Firmenwagens eines verheirateten Selbständigen. Dieser PKW wird sowohl geschäftlich, als auch privat genutzt. Die Privatnutzung beschränkt sich auf 4' km im Jahr.

Wichtiger Hinweis:
Ich bin kein Steuerberater und kein Experte im Steuerrecht. Ich habe lediglich versucht, die im Internet vorhandenen Informationen (z.B. hier) in ein konkretes Rechenbeispiel zu überführen. Bei den vielen Regeln, die es da gibt, kann sich genau so ein Fehler eingeschlichen haben, wie bei den Annahmen zu Kosten (Versicherung, Wartung). Falls euch grobe Rechenfehler auffallen, weist mich bitte darauf hin. Zur Berechnung der Einkommensteuer wurde übrigens der offizielle BMF-Einkommensteuerrechner genutzt (*KRITIKMODUS AN* dessen Programmierschnittstelle übrigens nur eingeschränkt nutzbar ist, wie ich feststellen musste *KRITIKMODUS AUS*).

Szenarienbeschreibung:
Ich habe zwei Szenarien, welche ich dann jeweils nochmal mit 8', 21' und 46' geschäftlichen Kilometern und 4 verschiedenen Einkommenshöhen durchrechne. Die geschäftliche Nutzung überwiegt. Die Nutzung der 1%-Methode wäre hier nachteilig, wenn man für beide Fahrzeuge (neu und alt) einen Bruttolistenpreis von 30' € annimmt. Dann müsste überall ein Privatanteil von 4284 € zugerechnet werden (Brutto-Listenpreis von 30' * 12 * 1% + 19 % MwSt.). Es wird aber von der Nutzung eines lückenlosen Fahrtenbuches ausgegangen, welches den Anforderungen eines gewissenhaften Finanzbeamten genügt:

  1. Szenario: KFZ ist vorhanden im Betriebsvermögen. Es ist allerdings schon 8 Jahre alt und steht mit 1 € in der Bilanz. Die Versicherung ist günstig. Hauptkostenträger sind Benzin und Wartungskosten.
  2. Szenario: KFZ wird neu angeschafft zu einem Preis von 30' € (bzw. 25.210 € nach MwSt.-Rückerstattung). Die Versicherung ist wesentlich teurer (durch Vollkasko). Es wird etwas weniger verbraucht und die Wartungskosten sind auch geringer. Es wird von einer linearen Abschreibung über 6 Jahre ausgegangen.

Hier einmal die einzelnen Rechnungen:

Szenario 1 (Alt-KFZ) mit 12' km/Jahr:

Szenario 2 (Neu-KFZ) mit 12' km/Jahr:

Szenario 1 (Alt-KFZ) mit 25' km/Jahr:

Szenario 2 (Neu-KFZ) mit 25' km/Jahr:

Szenario 1 (Alt-KFZ) mit 50' km/Jahr:

Szenario 2 (Neu-KFZ) mit 50' km/Jahr:

Fazit:
Einerseits ist es erschreckend, zu sehen, wieviel Geld für Steuern weggeht. Andererseits bin ich zu dem interessanten Ergebnis gekommen, dass sich der Kauf eines Neuwagens aus Kostensicht für diesen Selbständigen im Moment nicht lohnt. Das hätte ich so am Anfang nicht wirklich erwartet. Effektiv hat er zwar etwas weniger Steuern zu bezahlen bei den Neuwagen-Fallbeispielen. Die 500-2100 € 'Gewinn' im Vergleich zur Nutzung des alten Fahrzeuges wird in diesem Falle aber über eine Netto-Investition von 25' € erkauft. Bei weniger gefahrenen Kilometern und niedrigerem Einkommen wird die Differenz (sprich der Gewinn) kleiner. Allerdings wäre in diesem Falle der Wertverlust des Neuwagens auch geringer, da er ja dann z.B. nach 6 Jahren statt 300' nur 72' Kilometer auf dem Tacho hätte. Geht man davon aus, dass er mit den 25' € anderweitig 5 % Rendite erwirtschaften könnte (sprich 1250 €/Jahr), wird die Differenz noch kleiner. Den Neuwagenkauf kann er aber trotdem ohne schlechtes Gewissen erstmal verschieben :-)

Für Hinweise bezüglich grober Rechenfehler bin ich dankbar. Wie schon geschrieben, bin ich kein Steuerberater und auch in meinen 'Quellen' können natürlich Fehler enthalten sein bzw. in meinem Excel kann ich auch mal eine fehlerhafte Formel eintragen haben.