Dienstag, 19. Juli 2016

Apple (AAPL) und die Tierwelt - Von Cash-Kühen und Hundehaufen

Apple und die Tierwelt - Von Cash-Kühen und Hundehaufen

Anfang 2007 arbeitete ich in Wien. Ein Kollege namens Alfons kam jeden Morgen mit seiner schwarzen Umhängetasche ins Büro, auf der ein dicker fetter Apple-Apfel aufgeklebt war. Alf selbst war/ist Hobby-Fotograf (siehe hier), Apple-Jünger und erzählte mir, dass der Apple-Vorstandsvorsitzende ein cooles Handy vorgestellt hatte. Dieses würde ab Mitte des Jahres verfügbar sein und er wird sich das auf jeden Fall bestellen. Mein Kommentar dazu damals: "Apple ist echt die einzige Firma mit einer Fangemeinde, die alles kauft - egal zu welchem Preis. Die könnten es sich sogar erlauben, Hundehaufen einzusammeln, ein Apple-Logo darauf anzubringen und es würden sich immer noch genügend Leute finden, die dafür mehr als 100 $ bezahlen würden". Was ich damals schon kannte, war die extreme Kundentreue bei Apple. Mit meinem heutigen Wissen würde ich diese als Moat (Burggraben) bezeichnen. Leider hatte ich dieses Wissen zu der Zeit nicht und unterschätzte neben der Macht der Kundentreue auch völlig das Potential des iPhones. Nokia war zu der Zeit unangefochtener Weltmarktführer bei Handys und ich selbst hatte ein MDA Compact III als Fimentelefon. Dieses hatte schon ein berührungsempfindliches Display, musste aber mit einem kleinen Stift bedient werden, da meine Finger einfach zu dick waren. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ein solches Gerät die Welt verändern sollte. Die Produkte der Firma mit dem angebissenen Apfel waren mir als Schüler zu teuer, als Student zu teuer und als Berufseinsteiger immer noch. Für mich waren das einfach Geräte für Designfreaks, die zu viel Geld übrig hatten. Zusätzlich liefen die meisten der Computerspiele, die ich damals spielt, nicht darauf und wann immer ich als Windows-Geschädigter mit einem Mac arbeiten musste, war ich genervt, weil ich die Sachen nicht dort fand, wo ich sie vermutete.

Wie sagte Peter Lynch einmal so schön zum Thema Chartanalyse: "Charts are great for predicting the past". Was ihr hier sehen könnt, ist der Chart von Apple seit dem 29.06.2007 (in €). Dies war der Tag, an dem das erste iPhone in den USA auf den Markt kam. Hinweis: Der angezeigte Kurs ist Split-bereinigt. Mitte 2014 wurde ein 1:7-Split durchgeführt. D.h. die Anzahl der Aktien stieg um den Faktor und der Kurs sank um den Faktor 7. Auf jeden Fall hätte jeder, der sich zu dieser Zeit neben dem iPhone für 700 € eine entsprechende Anzahl Aktien gekauft hätte (700 € / 13,05 € / Aktie = rund 53 Aktien) mittlerweile Aktien im Wert von knapp 4.600 € - ohne Dividenden. Zwischendurch hätte man im Zuge der Finanzkrise Ende 2008 noch günstiger einsteigen können. Damals war sogar schon das Nachfolgemodell iPhone 3G herausgebracht worden. Nun ja - hinterher ist man immer schlauer...

Für das hier dargestellte wurde der Begriff Cash Cow erfunden. Als jemand, der gerne Fundamentaldaten analysiert, kann man darin nichts als Schönheit sehen. Starkes Wachstum, ein Cash-Berg, Mega-Umsätze und Nettogewinne, Free Cashflows, der größer als die zugehörigen Nettogewinne sind, Eigenkapitalrenditen jenseits der 30 %. Wo liegt also das Problem, welches dazu geführt hat, dass Apple kurstechnisch in den letzten Monatenein wenig geschwächelt hat? Genau weiß ich es nicht, aber ich nehme folgendes an:

  1. Es ist kein 'Next Big Thing' in Aussicht. Kann sein. Die iWatch war nicht der Bringer. Tortzdem meine Meinung hierzu: Apple hat es geschafft, dann das 'Next Big Thing' herauszubringen, wenn keiner damit gerechnet hat.
  2. Es wird von einer Sättigung des Smarthphonemarktes ausgegangen. Hier könnten die Kritiker recht haben, wie man an den zuletzt leicht gesunkenen Umsätzen und Gewinnen erkennen kann. Allerdings verhält es sich meiner Meinung nach hier so, wie mit der Sättigung des Automobilmarktes: Irgendwann braucht jeder ein neues Smartphone. Sei es wegen einer Spinnen-App, eines Akkus, der nur noch 6 Stunden durchhält, dem fehlenden Speicherplatz oder der Inkompatibilität von 90-Grad-Waschgang und Smartphone. Irgendwann erwischt es jeden. Ich habe mein LG G2 z.B. beim 'In den Arm-Husten' über meine linke Schulter geworfen und das war es dann...
  3. Es sind zwar 230 Mrd. US-Dollar an Bankguthaben und Wertanlagen vorhanden, der Großteil liegt aber im Ausland und würde bei 'Einfuhr' in die USA besteuert werden. Das möchte Apple allerdings vermeiden und nimmt so lieber im Inland Schulden auf, um Dividenden und Aktienrückkäufe zu tätigen. Im Zuge dessen haben sich mittlerweile 69,4 Mrd. an Schulden angesammelt. Meiner Meinung nach wird es irgendwann einen Tax Holiday geben, bei dem Unternehmen die Einfuhr gegen eine niedrige Steuer (z.B. 10 %) durchführen können. Die Frage ist nur wann. Für alle, die sagen, dass es so etwas nicht geben wird, zitiere ich an dieser Stelle einfach mal unseren ehemaligen Finanzminister Hans Eichel, der zur Abgeltungssteuer sagte: "Besser 25 % von X, als 42 % von nix."

Was gefällt mir an Apple?:

  1. Kundentreue: Einerseits aus Überzeugung (Status + technische Vorteile), dann aus biologischen Gründen (der Mensch ist ein Gewohnheitstier) und zuletzt natürlich auch technisch bedingt. Man ist - wenn man die Geräte richtig nutzt - mehr oder weniger im Ökosystem von Apple gefangen.
  2. Das Unternehmen bekommt vielfach quasi kostenlose Werbung. Es gibt viele Webseiten zu Apple, die von extrem vielen Leuten gelesen werden. Auf Focus/Spiegel/Stern etc. gibt es eigene Webseiten, auf denen über Neuigkeiten und Gerüchte berichtet wird. Zusätzlich ist es im Moment z.B. so, dass auf Antenne Bayern (wird täglich von 4 Mio. Menschen gehört) den lieben langen Tag kommt, dass man dort ein nigelnagelneues iPhone für 7,10 € kaufen kann.
  3. Die Geräte sind wirklich gut. Auch wenn ich außer der Aktie noch nie was von Apple gekauft habe, muss ich zugeben, dass sie es technisch drauf haben. Aber sie sind halt nicht die einzigen. Ich persönlich habe z.B. ein Google Nexus 5X und bin mit dem auch extrem zufrieden.
  4. Das Unternehmen schafft es seit vielen Jahren, die Preise hoch zu halten und wird dies meiner Meinung nach auch in Zukunft tun.
  5. Saubere Bilanz. Quasi schuldenfrei. Goodwill relativ niedrig (wenn man bei 5 Mrd. von niedrig sprechen kann).
  6. Extrem profitabel. Free Cashflow > Nettoeinnahmen. Selbst, wenn die Gewinne um 20-30 % niedriger wären, wären sie immer noch besser, als bei den meisten anderen Unternehmen. Wie schon gesagt: Cash-Kuh :-)
  7. Aktienrückkäufe bei günstigen Bewertungen. Die Anzahl an Aktien wurde schon knapp 17 % gesenkt. D.h. mein Anteil am Unternehmen und den zukunftigen Gewinnen ist größer geworden, ohne dass ich selbst Aktien kaufen musste.
  8. Steigende Dividenden bei immer noch recht überschaubaren Auszahlungsquoten. Rendite liegt im Moment so um die 2 %.
  9. Relativ günstige Bewertung: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt nur bei etwa 12 und und das Kurs-Free-Cashflow-Verhältnis bei ca. 10. Rein theoretisch bedeutet das, dass das pro Jahr eingenommene Geld, welches nicht für das laufende Geschäft benötigt wird, ausgezahlt eine Rendite von knapp 10 % ergeben würde (vor Kapitalertragssteuer).
  10. Hohe Insiderbeteiligung. Tim Cook hat z.B. über 1 Mio. Aktien und sollte daher Interesse daran haben, deren Wert mindestens zu erhalten, wenn nicht sogar zu steigern.
  11. Apple verdient an Sachen, an die man teilweise gar nicht direkt denkt: z.B. am aktuell grassierenden Pokemon-Fieber.
  12. Apple ist eigentlich von niemand Anderem abhängig (außer den Kunden). Von Apple selbst sind viele abhängig.
  13. Anzahl an ausstehenden Optionen überschaubar. Laut letztem 10Q standen im März nur 1.1 Mio. aus.
  14. Berkshire Hathaway hat mittlerweile auch Apple-Aktien. Auch wenn Buffett wahrscheinlich nicht selbst gekauft hat, ist es schon mal beruhigend, die Kollegen mit an Bord zu haben.

Was gefällt mir nicht?:

  1. Die Verschuldungssituation muss im Auge behalten werden. Hoffentlich sieht die Bilanz nicht bald so aus, wie bei IBM mit einer Eigenkapitalquote von lediglich 13 %. Zusätzlich scheinen die Zinsen auch mittlweile für Apple zu steigen. Zuletzt hat man z.B. 1,4 Mrd. $ über Notes eingenommen, auf die 4,15 % Zinsen zu zahlen sind und die 2046 fällig werden.
  2. Hoffentlich steigt Apple nicht ins Automobilgeschäft ein. Dieses ist wesentlich margenärmer, zyklischer und risikoreicher. Dort kann man sich sein Image schneller kaputt machen, wie man denken kann. Siehe auch Tesla im Moment mit seinen Autopilot-Problemen oder VW mit seinen Diesel-Probleme.
  3. SEC-Filings oft nicht so aufschlussreich. Z.B. ist schwer zu erkennen, wie viele 'neue' iPhones verkauft wurden und wie viele 'alte' vom Lager.
  4. Cash-Berg bringt relativ wenig ein.
  5. Negativpresse durch Steuervermeidungstaktiken. Dies betrifft aber alle großen international tätigen Unternehmen (Google, Oracle, Microsoft etc.) und hier ist meine Meinung ganz einfach: Was nicht verboten ist, ist erlaubt. Auch zukünftig wird es Schlupflöcher geben und diese werden auch zukünftig ausgenutzt. Und wenn das Geld bei Apple bleibt/landet, bringt es mir als Aktionär über Dividenden und Aktienrückkäufe mehr, als im amerikanischen/deutschen Staatshaushalt.

Wie sieht als mein Fazit für den Moment aus:
Ich habe Aktien und werde in Schwächephasen (v.a. nach Bekanntgabe von meist immer noch hervorragenden Geschäftszahlen) vielleicht hinzukaufen. Viel Wachstum erwarte ich in naher Zukunft nicht. Die Dividendenrendite ist in Ordnung und somit behalte ich die vorhandene Beteiligung. Komplett neu einsteigen würde ich aber im Moment eher nicht.

Wie immer gilt: Dies ist keine Investmentberatung, sondern lediglich eine Meinungsäußerung. Jeder sollte sich vor der Investition in das genannte Wertpapier selbst informieren. Für die Richtigkeit der genannten Fakten wird keine Gewähr übernommen.

PS: Falls es irgendwann mal Hundehaufen mit Apple-Logo drauf zu kaufen gibt, lasst es mich wissen. Dann würde mich nämlich interessieren, wie weit ich mit meiner Preisprognose entfernt war.

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