Dienstag, 26. Juli 2016

Infosys (INFY) - IT-Beratung auf Indisch

Infosys (INFY) - IT-Beratung auf Indisch

Nachdem ich im letzten Artikel allgemein auf IT-Beratungsunternehmen eingegangen war, befasse ich mich diesmal mit einem konkreten Unternehmen aus der Liste: Infosys Limited.

Es handelt sich dabei um ein indisches Unternehmen, welches 1981 gegründet wurde. Mir persönlich war es seit ca. 2007 bekannt. Ich kann mich diesbezüglich ganz gut an eine Aussage vom ehemaligen ATS (Accenture Technology Solutions)-Chef Tönnies von Donop erinnern, der damals auf einem ATS-Meeting sinngemäß sagte, dass Infosys zukünftig einer der Hauptmitbewerber von Accenture sein würde. Im Nachhinein gesehen hat er damit durchaus Recht gehabt.

IT-Beratungsunternehmen bieten Dienstleistungen an, welche ich in folgende Teilbereiche einteilen würde:

  • Beratung (Projektplanung und Projektdurchführung, "Rettung" schlecht laufender Projekte, Buzzword-Bingo (SOA, Agile Development, Cloud))
  • Softwareentwicklung (Erstellung neuer Systeme; oft Ablösung alter Systeme) in Gänze inkl. Planung, Anforderungsanalyse, Konzepterstellung, Implementierung, Testing, Datenmigration und anschließend auch Betrieb und Wartung
  • Einführung von Standardsoftware (z.B. SAP, Microsoft Office) inkl. Integration in bestehende Infrastrukturen
  • Outsourcing (v.a. Administration der Infrastruktur wie Applikationsserver, Datenbanken, Virtualisierungslösungen)

Kunden von IT-Beratungsunternehmen greifen auf deren Dienstleistungen aus den unterschiedlichsten Gründen zurück. Allen voran geht es natürlich um Kostenersparnisse im Zuge von Fixkostenreduzierungen (Einsparung oder Reduktion eigener IT-Abteilungen). In vielen Fällen fehlt aber auch das Know How im Unternehmen oder einfach die Manpower. Wer schon einmal versucht hat, zeitnah mehr als 20 erfahrene und fähige Mitarbeiter im IT-Bereich zusammenzubekommen, wird wissen, wovon ich rede.

Zurück zu Infosys: Infosys wächst seit jeher kontinuierlich was Umsatz, Gewinn, Bilanzsposten und Anzahl Mitarbeiter angeht. Die Renditen sind sehr gut (EK-Rendite kontinuierlich > 20 %, genau wie die Nettorendite), sind im Laufe der Zeit mit dem Wachstum aber auch schlechter geworden. Es ist anzunehmen, dass sich dieser Trend fortsetzt, da man im Zuge des angestrebten Umsatzwachstums und Preiskampfes mit Mitbewerbern wohl auch Aufträge mit niedrigeren Margen annehmen wird.

Geografisch gesehen wurden über die Jahre gesehen 60-70 % der Umsätze in den USA gemacht, 20-25 % in Europa, nur ca. 2,5 % in Indien selbst und ca. 12 % im Rest der Welt. Es ist also eine geschickte Nutzung von lokal verfügbaren IT-Spezialisten für internationale Dienstleistungen. Ca. 27 % der Umsätze werden bei Finanzdienstleistern gemacht, 22 % bei Erzeugern, 16 % im Handel, 13 % im Gesundheitswesen, 11 % in der Industrie und 8 % im High Tech Bereich. D.h. auch von den Branchen her ist man einigermaßen diversifiziert. Bei der starken Abhängigkeit vom Finanzsektor war es für mich trotzdem erstaunlich, wie gut Infosys durch die Finanzkrise gekommen ist. Indien-typisch gibt es im Unternehmen eine relativ hohe Fluktuationsrate (auch attrition rate genannt). Diese liegt bei knapp 15 %, lag aber in der Vergangenheit schon wesentlich höher (um die 20 %). Teilweise ist diese Attrition gewollt und wird gezielt genutzt, um preiswerten Nachwuchs zu generieren. Schädlich wird das ganze nur, wenn nicht - wie gewollt - die Mitarbeiter mit niedriger Produktivität das Unternehmen verlassen, sondern die mit höherer. Dass die hohe Attrition Rate ein großes Problem darstellt, hat der aktuelle CEO Vishal Sikka, ein ehemaliger SAP-Topmanager, erkannt und wohl auch die Behebung dieses Problems direkt nach Amtsantritt angegangen.

Was gefällt mir?

  1. Gute Wachstumshistorie gepaart mit meiner Meinung nach sehr guten Margen.
  2. Schuldenfreiheit
  3. Ambitionierte Wachstumsziele. Für 2020 streben die Kollegen einen Umsatz von 20 Mrd. Dollar an, was quasi einer Verdopplung in den nächsten 4-5 Jahren entspricht. Siehe hier
  4. Der aktuelle CEO scheint mir fähig zu sein und geht Probleme offensiv an.
  5. Informative Webseite und Geschäftsberichte.
  6. Bisher überschaubare 'echte' Verwässerung bei der Anzahl der Aktien. Es wurden allerdings auch keine opportunistischen Aktienrückkäufe durchgeführt.
  7. Relativ geringe Abhängigkeit von einzelnen Kunden. Der TOP-Kunde bringt 3,6 % Umsatz und die TOP 5 13,8 %. Insgesamt über 1000 Kunden.

Was gefällt mir nicht?

  1. Seit vielen Jahren Cashberg, der unproduktiv rumliegt. Wird ggf. für anorganisches Wachstum genutzt, wobei im aktuellen Marktumfeld evtl. zu viel gezahlt wird für Übernahmeziele.
  2. Evtl. zu ambitionierte Wachstumsziele (Umsatzverdopplung bis 2020 + Steigerung von Umsatz/Mitarbeiter von momentan knapp 50' auf knapp 80')
  3. Risiken durch Änderungen bei Visavergabe in den USA (denke nur mal an Trump-Rhetorik im Bezug auf Ausländer)
  4. Wettbewerbsvorteil (niedrige Lohnkosten bei sehr gut ausgebildeten Mitarbeitern) könnte ggf. durch steigenden Wohlstand in Indien irgendwann verschwinden, da durch Wohlstand auch die Lohnkosten steigen
  5. Free Cashflow meist wesentlich kleiner als Nettogewinne
  6. Ist immer noch indisches Unternehmen mit indischen Gesetzen. Indische Aktienkultur für mich schlecht einschätzbar.
  7. Mittlerweile nur noch geringe Insiderbeteiligung < 1 %.

Bewertung:
Auf Basis der letzten Zahlen und des aktuellen Kurses ergibt sich ein KGV von knapp 17 (cashbereinigt knapp 15). Das KFCF liegt mit etwa 23 wesentlich darüber. Diese Zahlen wären gerechtfertig, wenn das Unternehmen mit mind. 15-20 % pro Jahr wachsen würde. Die Wachstumsrate liegt aber im Moment ein ganzes Stück darunter und um das angestrebte Wachstum um erreichen, müsste man den Cashberg von aktuell knapp 4,5 Mrd. wohl ganz schön reduzieren. Nimmt man also einmal einen Umsatz von 16 statt 20 Mrd. für 2020 an und eine Nettomarge von 20% würde das dann einen Gewinn von 3,2 Mrd. ergeben. Mit meinem als fair angesehen KGV von 15 würde sich ein Zielunternehmenswert von 48 Mrd. in 2020 ergeben. Mit dem aktuellen Kurs liegt die Marktkapitalisierung bei knapp 40 Mrd. Eine Steigerung von 20 % in 4 Jahren wäre also nicht so der Burner.

Fazit:
Ein No-Brainer ist dieses Unternehmen auf keinen Fall. Die Sicherheitsmarge ist mir im Moment zu gering. Es ist ein sehr gutes Unternehmen, was im Moment nicht wirklich preiswert ist. Somit wandert es auf jeden Fall auf meine Watchlist, um periodisch nachzuschauen, wie es mit der 'Agenda 2020' vorwärts geht. Im Zuge der Analyse bin ich übrigens auf 4 weitere Mitbewerber gestoßen, von denen mir nicht bewusst war, dass sie so dick im Geschäft sind - Tata Consultancy Services (sehr interessant, noch bessere Kennzahlen, als Infosys mit dem großen Nachteil dass sie wohl nur in Indien handelbar ist), Wipro Ltd. (weiteres ind. Unternehmen mit ähnlichen Kennzahlen), Cognizant Technology Solutions (interessant) und Computer Sciences Corp (nicht ganz so interessant). Es gibt also jetzt 3 Unternehmen mehr auf meiner TODO-Liste.

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