Sonntag, 19. Februar 2017

Halloren Schokoladenfabrik AG - Die Kugeln sind lecker, die Aktie auch?

Halloren Schokoladenfabrik AG - Die Kugeln sind lecker, die Aktie auch?

Auf der Suche nach neuen Investmentideen war ich diesmal in unserer Süßigkeitenbox im Keller unterwegs. Dort fand ich jede Menge Haribo (GmbH - nicht investierbar), Twix (gehört zu Mars Inc. - nicht investierbar), Butterkekse vom Lidl (nicht investierbar), Lindor (von Lindt - investierbar, aber extrem teuer), Kinder Schoko Bons + Raffaelo (Ferrero - nicht investierbar) und als in der DDR geborener standesgemäß natürlich auch eine saubere Auswahl an Hallorenkugeln.

Da fiel mir ein, dass die Halloren Schokoladenfabrik ja börsennotiert ist und verschaffte mir daraufhin mal einen Überblick darüber, ob sich ein Investment lohnen könnte oder nicht. Um es vorweg zu nehmen: es gibt bei dem Unternehmen für Außenstehende einfach zu viele Faktoren, welche ein Investment zu einem Glücksspiel machen. Doch kommen wir zunächst zum Unternehmen selbst.

Zum Unternehmen:
Die Halloren Schokoladenfabrik bezeichnet sich selbst als älteste noch aktive Schokoladenfabrik Deutschlands. Die Unternehmensgeschichte geht über 200 Jahre zurück. Sie wurde in 1804 von Friedrich August Miethe als Kakao- und Schokoladenfabrik in Halle (Saale) gegründet. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde sie ein Volkseigener Betrieb (VEB) und nach der Wende wurde die Halloren Schokoladenfabrik GmbH gegründet. In 2007 erfolgte der Börsengang. Das Unternehmen stellt über seine Tochtergesellschaften diverse Süßwaren her. Das geht über die schon genannten Hallorenkugeln (ca. 25 % Umsatzanteil) über Weinbrandbohnen und Schokomünzen hin zu belgischen Pralines. Zum Konzern gehören die Halloren Schokoladenfabrik, die Delitzscher Schokoladenfabrik, Weibler Confiserie Chocolaterie, Steenland Chocolate (Niederlande) und Bouchard (Belgien).

Geschäftszahlen:
Wirklich aktuelle Zahlen sind nicht verfügbar. Der Halbjahresbericht 2016 ist seinen Namen nicht wert. Es wurden dort lediglich Umsatzzahlen, EBITDA, EBIT und EBT genannt. Eine Nennung des Nettogewinns, ein Ausblick, eine Bilanz oder eine Cashflowrechnung sucht man vergebens. Auch im Wertpapierprospekt zur im September 2016 aufgelegten 10 Mio. € Anleihe (mit 4 % verzinst) sind lediglich die 2015er Zahlen aufgeführt. Auf der Webseite sind zusätzlich nur die Geschäftsberichte der Jahre 2013-2015 zu finden. In denen sind zumindest ausgewählte Geschäftszahlen wie Umsatz oder Nettogewinn seit dem Börsengang aufgeführt. Das sieht man so auch nicht so oft... Folgende Zahlen konnte ich in Summe extrahieren:

Alles in allem wenig überzeugend. Der Umsatz konnte seit 2007 zwar vervierfacht werden. Unter dem Strich stand aber am Ende ein Verlust von 1.64 Mio. € in 2015. Hauptgrund dafür waren Probleme bei der in 2015 vollständig übernommenen belgischen Tochter Bouchard. Der Fehlbetrag von Bouchard lag bei 2.8 Mio €. D.h. das restliche Geschäft war gar nicht so schlecht unterwegs. Einige der Kosten bei Bouchard waren wohl nicht wiederkehrender Natur (z.B. 0.7 Mio. für Abfindungszahlungen, 0.15 Mio. für SAP-Einführung). Gewinne, Cashflows und Margen schwanken stark. In 2015 erfolgte eine Kapitalerhöhung zu Kursen von 6,80 €. Insgesamt stehen jetzt rund 6.3 Mio. Aktien aus. Finanzschulden wurden in 2015 abgebaut. Allerdings erfolgte in 2016 auch wieder eine Ausgabe einer neuen Anleihe und aktuell läuft ein Aktienrückkaufprogramm, wobei sie 6,70 € pro Aktie bieten. Da wie schon gesagt keine aktuellen Informationen vorliegen, kann zum laufenden Geschäft recht wenig gesagt werden. Hauptproblem bei dem Unternehmen ist allerdings, dass zum Dezember 2016 ein Delisting durchgeführt wurde. Aktuell sind die Aktien nur an der Börse Hamburg handelbar. Die aktuellen Kurse liegen bei rund 6,50 €. Die Tagesvolumen lag im vergangenen Monat nur bei rund 6' €.

Was gefällt mir an Halloren?

  1. Die Produkte sind gut und preiswert. Für eine Packung Hallorenkugeln mit 100 g Inhalt habe ich lediglich 0,99 cent bezahlt. 100 g Lindor (meine Lieblingsschokolade) kosten über 3 €. Lindor schmeckt besser, aber nicht 3 mal besser.
  2. Gute Umsatzentwicklung seit dem Börsengang 2007.

Was gefällt mir nicht an Halloren?

  1. Delisting in 2016. D.h. die Aktien sind nur noch erschwert handelbar. Zugehörige Mitteilung vom 25.10.2016: Halle / Saale, 25. Oktober 2016 - „Die heftige Reaktion des Kapitalmarktes auf den Entschluss, bei der Deutschen Börse in Frankfurt das Delisting unserer Aktie zu beantragen, hat uns sehr überrascht“, so Aufsichtsratsvorsitzender Paul Morzynski. Die Aktie war im Zuge dessen von 7,50 € auf zeitweise 4,50 € gefallen. Ganz ehrlich: ich habe selten so einen Schwachsinn von Verantwortlichen gelesen. Dass die Kurse nach Ankündigung des Delistings so abrauschen, dürfte spätestens seit Magix oder aber den Marseille Kliniken bekannt sein. Nutznießer: U.a. der Großaktionär und Aufsichtsratmitglied Darren Ehlert. Im November hat er sich über Charlie Investors bei Halloren um die 6-7 € ganz gut mit weiteren Aktien eingedeckt. Insgesamt hat er Aktien im Gesamtwert von knapp 650' € eingesammelt. Hier mal eine Auflistung der gemeldeten Käufe durch Charlie Investors:

    Vor den Veröffentlichungen hatten sie laut Anleihenprospekt schon über 40 % der Anteile angesammelt.
  2. Teil 2 des Schwachsinns: Nachdem bekannt wurde, dass Katjes wohl an die 7 % der Anteile hält, wurde auf der IR-Seite ein Statement verfasst (siehe hier). Auszug: Die Hauptversammlungen aus den Jahren 2015 und 2016 sowie einige gut platzierte Informationen und Gerüchte in bestimmten Medien lassen eine deutliche Handschrift erkennen. Nicht zuletzt deshalb, haben wir uns u.a. zum Schutz des Unternehmens, seiner Mitarbeiter und der Aktionäre für das Delisting mit Wirkung zum 2. Dezember 2016 entschlossen. Ich würde behaupten, dass ein Großteil der Aktionäre (zahlenmäßig - nicht anteilsmäßig) gerne auf diesen Schutz verzichtet hätten und stattdessen für eine Übernahme wären...
  3. Nicht sonderlich profitabel. Starke Abhängigkeit vom Rohstoffmarkt. Die notwendigen Rohstoffe (v.a. Kakao, Zucker, Mandeln, Haselnüsse) haben auch stark schwankende Preise. V.a. Mandeln sind in den vergangenen Jahren um einiges teurer geworden (siehe hier). Und die Energiekosten kennen eigentlich auch nur einen Weg: nach oben. Stefan hatte sich auf Simple Value Investing Ende 2011 (siehe hier) auch schon mal mit ihnen befasst und seitdem hat sich offensichtlich nicht so viel verbessert.
  4. Die IR-Arbeit war in der Vergangenheit schon dürftig und dürfte im Zuge des Delistings noch bescheidener werden.
  5. Wozu wird in 2015 eine Kapitalerhöhung zu 6,80 € gemacht, nur um knapp 2 Jahre später Aktien zu 6,70 € zurückzukaufen? Die Verschuldung dürfte immer noch recht hoch sein, so dass ein Schuldenabbau für die Geschäftszahlen mehr Sinn machen würde. Lediglich auf das Kurs-Umsatz-Verhältnis bezogen sehe ich eine gewisse Unterbewertung. Außer natürlich, es gibt irgendwelchen stillen Reserven (z.B. auf Immobilienseite) - dann würde der Einstieg des Immobilienspezialisten Ehlert Sinn machen.
  6. Stark schwankende Cashflows.

Bewertung und Fazit:
Durch die fehlenden Zahlen ist meiner Meinung nach keine richtige Bewertung für Außenstehende möglich. Echte vergleichbare Unternehmen gibt es wenige. Lindt ist ja eher der Audi unter den Schokoladen, Halloren eher so der Skoda (oder Lada?). Ferrero ist nicht börsennotiert und dort konnte ich lediglich eine operative Marge von 9,3 % in 2015 ableiten (EBIT von 889 Mio. bei 9542 Mio. Umsatz in 2015 - siehe Ferrero-Key-Figures). Tootsie Roll Industries ist größer und profitabler, ähnlich wie Mondelez oder Hershey. Am ehesten vergleichbar wäre wohl noch die Rocky Mountain Chocolate Factory mit einer Marktkapitalisierung von 66 Mio, dem etwa 1,7-fachen des Jahresumsatzes. Die haben allerdings eine sauberere Bilanz. Da hier also Fischen im Trüben angesagt ist, lasse ich lieber die Finger von Halloren. Also von der Schokoladenfabrik-Aktie - nicht den Süßigkeiten :-) Zusätzlich habe ich mir vorgenommen, ein wenig was für den Aufbau Ost zu tun und in Zukunft öfter mal Hallorenkugeln zu verschenken statt Lindor.

1 Kommentar:

  1. Danke für die Zusammenfassung.

    Ich habe mir Halloren vor zwei Jahren oder so auch einmal angesehen, aber nie darüber geschrieben. Ich bin aber zu einem ganz ähnlichen Ergebnis gekommen: die Gesamtkapitalrendite ist über die Jahre und im Vergleich zur Schokolade-Konkurrenz nicht wirklich befriedigend. Ich bin kein Fan des WACC-Konzepts, aber Halloren tut sich im Endeffekt schwer damit, die Kapitalkosten zu verdienen. Das lässt den Schluss zu, dass kein Wettbewerbsvorteil vorhanden ist.

    Seither habe ich mir Halloren nicht mehr angesehen, aber laut deinem Artikel hat sich nicht viel geändert.

    Danke,
    Tom

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