Dienstag, 24. Juli 2018

Matthew Symonds - 'Softwar: An Intimate Portrait of Larry Ellison and Oracle' (2003)

Matthew Symonds - 'Softwar: An Intimate Portrait of Larry Ellison and Oracle'

Kürzlich habe ich das Buch 'Softwar: An Intimate Portrait of Larry Ellison and Oracle' gelesen und es hat mir insgesamt gut gefallen. Ich hatte es schon längere Zeit im Regal stehen, da ich als Java-Entwickler mit Studienschwerpunkt Datenbanken schon viele Jahre Produkte der Firma Oracle nutze und in gewissem Sinne auch mehr über den - oberflächlich betrachtet arrogant wirkenden - Larry Ellison erfahren wollte. Das Buch kam 2003 heraus und wurde vom britischen Autor Matthew Symonds geschrieben, nachdem dieser Larry Ellison rund 3 Jahre sowohl privat als auch beruflich begleitete.

Zu Larry Ellison:

Er ist ein 1944 in New York geborener US-Amerikaner jüdischer Herkunft, der im Alter von 9 Monaten von seiner Mutter an Tante und Onkel gegeben wurde, die ihn anschließend adoptierten. Dass er adoptiert war, erfuhr er erst später. Seine leibliche Mutter traf er erst im Alter von 48 Jahren. Er brach sein Studium ab und arbeitete anschließend in der IT-Branche. Durch das Lesen von diversen eher theoretischen Veröffentlichungen während Leerlaufzeiten und Nachtschichten auf der Arbeit kam er auf die Idee, eine neue relationale Datenbank zu entwickeln.

Bei relationalen Datenbanken werden vereinfacht gesagt Daten 'normalisiert' und dann auf verschiedene Datenbanktabellen verteilt, welche miteinander in Verbindung stehen über sogenannte Primärschlüssel und Fremdschlüssel. Auf die Daten wird dann per SQL zugegriffen, um Informationen zu erfragen. Auf jeden Fall entstand dadurch die Oracle Datenbank und später auch das gleichnamige Unternehmen. IBM dominierte zu der Zeit den Datenbankmarkt mit der DB2 auf Mainframes (Großrechnern). Oracle ging letztendlich als Sieger im DB-Markt für Unix- und Windowsrechner hervor (+ läuft auch auf Mainframes) und kann auch heute noch als Marktführer bei Datenbanken betrachtet werden. Ich war bisher auf keinem Projekt tätig, bei dem keine Oracle-Datenbank im Einsatz war.

Das Buch beschreibt auf knapp 400 Seiten größtenteils den Aufstieg und die ständige Weiterentwicklung von Oracle im Bereich der Datenbanken und Unternehmensapplikationen. Dabei wird auf diverse technische und innerbetriebliche Probleme eingegangen, mit denen Ellison zu kämpfen hatte. Ich wusste z.B. nicht, dass sie Anfang der 90er Jahre aufgrund von Fehlmanagement kurz vor der Pleite standen oder dass es innerhalb des Unternehmens immer wieder Grabenkämpfe gab (z.B. Ray Lane vs. Safra Catz (jetzige Co-CEO)). Als Grundvoraussetzung der Weiterentwicklung des Unternehmens brauchte Ellison immer wieder neue Feindbilder. Stellvertretend seien hier Sybase, Informix, Microsoft, Peoplesoft, Siebel und SAP genannt (wichtig: das Buch ist aus 2003). Aus heutiger Sicht würden wahrscheinlich Google, Amazon, Mongo DB und Salesforce (Salesforce-Gründer Marc Benioff stieg 99 bei Oracle aus, um sein Unternehmen zu gründen) dazu kommen.

Sehr interessant fand ich, dass Ellison zwar durchaus ein Lautsprecher/Großmaul ist/war, aber gleichzeitig auch - ähnlich seinem sehr guten Freund Steve Jobs - ein Visionär, der seiner Zeit oft voraus eilte. Beispiele dafür:

  • Er erkannte das Potential von Relationalen Datenbanken und den Markt für solche abseits der Großrechner. Dies führte dann zum Aufstieg von Oracle.
  • Er war relativ früh im Video On Demand-Bereich unterwegs, der sich aber damals noch nicht durchsetzen konnte (im Gegensatz zu Netflix Jahre später).
  • Zur Präsentation von Windows 95 nannte er PCs 'lächerliche Maschinen' und dass die Zukunft Netzwerkrechnern gehört (also mehr oder weniger das, was Smartphones und Tablets heute im Verbund mit den zahlreichen Cloudapplikationen und Webseiten darstellt). Hierbei muss man verstehen: er kam von Unix und Mac. Von daher war Windows 95 für ihn eher ein Rückschritt. Ich, viele meiner Freunde und der überwältigende Teil der Computernutzer damals kamen aber von MS DOS und Windows 3.1. Für uns war Windows '95 ein Riesenfortschritt und die Informationsmöglichkeiten für Nerds wie uns waren damals auch eher eingeschränkt. Von daher ist/war der Erfolg von Microsoft für mich im Nachhinein absolut nachvollziehbar.
  • Er sagte, dass sich Clustering aus Kosten-Nutzen-Aspekten durchsetzen wird; d.h. viele preiswerte Maschinen mit guter, aber nicht überragender Einzelperformance, die im Verbund zusammen arbeiten (idealerweise mit Linux + Oracle-Datenbank), anstelle von teuren Großrechnern

Immer wiederkehrend sind im Buch Kommentare zu Microsoft und Bill Gates zu finden, die man (neben SAP) durchaus als seine Lieblingsfeinde ansehen kann. An einer Stelle macht er sich z.B. darüber lustig, wie jemand Microsoft als innovationsfreudig bezeichnet, da er der Meinung ist/war dass Microsoft lediglich exzellent im Kopieren von Ideen/Technologien (so wie Rocket Internet :-)) und Zerstören von Konkurrenzunternehmen ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens, dass Oracle genau einen Tag vor Microsoft an die Börse kam (damals am 12.03.1986 mit 2.1 Mio. Aktien zu einem Preis von 15 $) und dass Gates und Ellison sich über einige Jahre einen Zweikampf um die Spitze der Forbes-Liste lieferten, den Ellison dann am Ende doch irgendwie verlor. Am Hungertuch nagen muss er allerdings trotzdem nicht, da er immer noch einer der weltweit reichsten Leute ist - seit mittlerweile mehr als 20 Jahren.

Seinen anderen Leidenschaften (Frauen und Segeln) sind im Buch auch einige Kapitel gewidmet, wobei ich die Abschnitte zum Segeln (sein Team gewann 2013 und 2017 den America's Cup) weniger lesenswerter fand, als die zu den Frauen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich zwar langjähriger Playboy-Leser bin, aber mit Segeln so was von gar nichts anfangen kann.

Fazit:

: Es stellt keine klassische Biographie dar, auch wenn viele Informationen Larry Ellison‘s Vergangenheit betreffen. Man könnte Ellison als Co-Autor von Softwar nennen, da auf eigentlich jeder zweiten Seite ein Kommentar von Ellison enthalten ist, welcher seine Sicht der Dinge erklärt. Auch wenn durch diese Art des Schreibens wesentlich mehr Informationen im Buch untergebracht werden konnten, ist es dem Lesefluss alles andere als zuträglich. Aber am Ende kam es mir ja auf die Informationen an und wie man diese aus Sicht 2018 im Kontext 'veröffentlicht in 2003' lesen kann. Alles in allem fand ich das Buch recht lesenswert und das Unternehmen Oracle, welches in meinem Depot liegt, ist zukünftig durchaus auch mal einen Artikel wert.

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