Heute wollte ich euch einmal das Buch vorstellen, welches ich wahrscheinlich als mein Lieblingsbuch aus dem Bereich der Investmentliteratur bezeichnen würde: 'One Up on Wall Street' von Peter Lynch.
Ich mag es einerseits aufgrund seines sehr hilfreichen und zeitlosen Inhalts und andererseits aufgrund seines humorvollen Stils. Doch zunächst einmal ein paar Worte zum Autor.
zum Autor:
Peter Lynch wurde 1944 geboren und war zwischen 1977 und 1990 Manager des Magellan-Fonds bei Fidelity Investments. Während dieses Zeitraums kam er auf eine extrem respektable durchschnittliche jährliche Rendite von 29,2 %. Nicht wirklich viele Fondmanager können solch eine Performance vorweisen - vor allem, wenn man sich die Größe des Fonds im Laufe der Zeit anschaut. Als er in 1977 für den aktiv gemanagten Fonds zuständig wurde, hatte dieser 18 Mio. $ an AUM (Assets Under Management). Als er ihn 13 Jahre später verließ, waren es 14 Mrd. $. Im Sport würde man sagen: was eine Legende. Er hat den perfekten Absprung geschafft (so wie z.B. Magdalena Neuner oder aber kürzlich erst Nico Rosberg). Worüber man leider wenige Infos findet, ist, wie seine 'Privatperformance' seitdem ist/war (also mit Irakkriegen, Asien-Krise, DotCom-Blase, Finanzkrise...). Auf jeden Fall ist er jetzt eher als Philanthrop in seiner Bostoner Heimat unterwegs.
zum Buch:
Das Buch selbst beginnt mit einem allgemeinen Kapitel zum Thema Geld und Investments. Unter anderem schreibt er, dass man sich frühzeitig um ein eigenes Dach über dem Kopf kümmern sollte (sprich Wohneigentum - meiner Meinung nach im Moment leichter gesagt, als getan). Zusätzlich weist er darauf hin, dass Privatpersonen oft gegenüber 'professionellen Investoren' Vorteile haben. U.a. haben sie weniger Druck (er kritisiert hier das Quartalszahlendenken der Branche) und zusätzlich haben sie oft Vorteile, potentielle Investments zu identifizieren. Z.B. ist er durch seine Frau und deren Shoppinggewohnheiten auf diverse Investmentideen gekommen, die anderen Investoren wesentlich später aufgefallen sind, da sie die meiste Zeit im Büro saßen und auf Monitore blickten. Als konkretes Beispiel nannte er hier die Firma Hanes. Diese hatte gerade Produkt L'Eggs (qualitativ hochwertige Strumpfhosen optisch hübsch in einem Ei verpackt - siehe hier) auf den Markt gebracht, er erkannte das Potential dessen für die Firma. Für Fidelity war das Investment wohl ein 30-bagger. X-Bagger nannte solche Investments, die sich um den entsprechenden Faktor im Wert vervielfachten. Der Begriff wird auch heute noch in diversen Investmentartikeln genutzt. Er selbst kam oft bei Geschäftsreisen auf neue Ideen, die ihm im Endeffekt viel Geld einbrachten (z.B. La Quinta Inns aus der Motelbranche).
Der amüsanteste Abschnitt des Buches enthält zwei Darstellungen der Ereignisse rund um den 19. Oktober 1987 (auch bekannt als Schwarzer Montag). Er machte damals gerade Urlaub mit seiner Frau in Irland und beschreibt dabei wie entspannend/stressig dieser war. Wie gesagt: sehr amüsant zu lesen.
In weiteren Kapiteln geht er auf seinen Werdegang ein (war u.a. Caddy auf dem Golfplatz und 2 Jahre beim Militär), beschreibt seinen Weg zu Fidelity, seine Bewertungsmethoden für Wachstumsunternehmen (siehe auch hier) und seinen "Partyradar". Der "Partyradar" ist Folgendes: in Hochphasen eines Marktes wird er auf jeder Party von vielen Leuten begeistert Sachen über Investments gefragt. Dann weiß er: es ist Zeit zum Ausstieg. Das ist in Deutschland vergleichbar mit dem Bild-Zeitungs-Indikator. In Tiefstphasen eines Marktes wird er auf Parties kaum angesprochen und erntet nur mitleidige Blicke. Dann weiß er: es ist Zeit zum Einstieg.
Als eines der hilfreichsten Kapitel sehe ich jenes, in dem er die verschiedenen Unternehmenskategorien auflistet:
- langsam wachsende (Slow Grower)
- schnell wachsende (Fast Grower)
- Felsen in der Brandung (Stalwarts)
- Zykliker (Cyclicals)
- Unternehmen mit temporären Problemen (Turnarounds)
- und Substanzwertunternehmen (Asset Plays)
Diese Kategorisierung nutze ich auch selbst immer, da man je nach Kategorie andere Bewertungsmethoden anwenden muss. Z.B. finde ich es in dem Zusammenhang immer fragwürdig, wenn bestimmte 'Spezialisten' Pauschalaussagen treffen, wie 'kaufe niemals ein Unternehmen mit einem KGV > 25' (siehe Kommentar von Lad). Wenn ein Unternehmen dauerhaft mit 20-25 % pro Jahr wächst, gilt die Aussage meiner Meinung nach nicht wirklich. Oder aber wenn es nach Abzug der Schulden reine Barmittel von 200 Mio. hat und für 140 Mio. gehandelt wird (z.B. Balda/Clere AG in der Vergangenheit). Es gilt: jedes Unternehmen muss einzeln betrachtet werden. Zusätzlich ist ein Unternehmen nicht dauerhaft einer Kategorie zugeordnet. Fast Grower werden oft zu Slow Growern. Cyclicals ab und an zu Asset Plays. Turnarounds zu Fast Growern zu Stalwarts (z.B. Apple)...
Fazit:
Nach dem Lesen des Buches ertappte ich mich öfters dabei, wie ich beim Einkaufen schaute, was die Leute da so in den Wagen legen, welche Firma das jeweilige Produkt anbietet und ob diese Firma börsennotiert ist (Haribo und Mars Inc. sind es z.B. nicht). Hier liegt evtl. eines der Probleme des Buches. Wenn man es zu euphorisch liest, könnte man einige Konzepte (Kaufe, was du kennst) missverstehen und - ohne auf die Geschäftszahlen zu schauen - einfach losrennen und investieren, wenn einem etwas gefällt oder man denkt "Das ist die Zukunft". Das passiert z.B. meiner Meinung nach im Moment bei Tesla oder aber passierte vor ein paar Jahren mit Solarunternehmen. Hier ein Link zu einem lesenswerten Artikel zu dem angesprochenen Thema.
Alles in allem kann ich das Buch weiterempfehlen. Es ist meiner Meinung nach Pflichtlektüre für alle Investoren. Ich habe mir vor kurzem interessehalber auch noch die beiden Nachfolger 'Beating the Street' und 'Learn to Earn' bestellt. Mal schauen, ob da noch was Neues drinsteht.
Abschlusszitat:
Zum Abschluss noch eines meiner Lieblingszitate von Peter Lynch: "Far more money has been lost by investors preparing for corrections or trying to anticipate corrections than has been lost in corrections themselves." Es ist eines meiner Lieblingszitate, weil viele Leute schon seit einigen Jahren auf eine Korrektur warten (sie kommt bestimmt irgendwann) und daher nicht in Aktien investieren. Wenn die Korrektur dann mal da ist, wird nicht investiert, weil es ja noch weiter runter gehen könnte. Wenn es wieder ein wenig hochgegangen ist, wird nicht gekauft, weil bestimmt noch eine Gegenkorrektur kommt. Am Ende - wenn der "Partyradar" voll ausschlägt - steigen die meisten dann aus Ungeduld doch ein und verbrennen sich anschließend die Finger. Von daher: Schnäppchen gibt es immer. Man muss sie nur finden...
Hi,
AntwortenLöschenvielen Dank für den Artikel! Habe das Buch vor längerem mal gelesen, ist ein wirklicher Klassiker. Von Lynch gibt es dieses tolle Video (link siehe unten) in dem er sehr viel über seine Ansichten Preis gibt.
Der Ansatz "investiere in was du kennst" hat meiner Meinung nach mindestens 2 Stärken:
1) durch kennen/testen hat man schon research betrieben (und sei es nur zu wissen dass die Doughnuts bei Dunkin gut schmecken und die Länden voll sind)
2) In einem Downturn behällt man leichter einen kühlen Kopf als bei einer Fa. die man nur als Armchair-Investor kennt
https://www.youtube.com/watch?v=72Pq5zKEi_g
Danke für den Link. Kannte das Video zwar schon, aber die bei Youtube verfügbaren Lynch-Beiträge sind eigentlich alle sehr sehenswert.
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