Vor kurzem befasste sich MMI von valueandopportunity mit dem britischen Sportartikel-Discounter sportsdirect.com und kam zu dem Ergebnis 'Ganz interessant. Ab auf die Watchlist'. Dabei erinnerte ich mich, dass ich ein ähnliches Unternehmen auf meiner Watchlist habe, welches ich nach einer Kurzanalyse in der Vergangenheit genau so eingestuft hatte, wie er. Dabei handelt es sich um Hibbett Sports (HIBB) und ich werde es euch heute einmal vorstellen.
Hibbett Sports ist ein amerikanischer Sportartikeleinzelhändler, der sowohl online (stylische Webseite) als auch in Ladengeschäften Schuhe, Kleidung und Sportartikel vertreibt. Angefangen haben sie 1945. 1965 wurde ein zweites Geschäft eröffnet, Ende 1980 hatten sie 12 und mittlerweile über 1000. Börsennotiert sind sie seit 1996, also 20 Jahre. Ich bin auf HIBB aufmerksam geworden, als ich Konkurrenzunternehmen von Dick's Sporting Goods gesucht hatte und fand es interessant durch sein kontinuierliches Wachstum, seine für einen Einzelhändler durchgehend guten Margen und seine wesentlich geringere Marktkapitalisierung. Beeindruckend fand ich, dass sie aus der Finanzkrise gestärkt hervorgegangen waren. Zu dem Erstanalysezeitpunkt Ende 2014 waren sie allerdings relativ teuer im Bezug auf die üblichen Kennzahlen (KGV, KFCF) und die wichtigen Same-Store-Sales-Zahlen waren zurückgegangen. Seitdem hat der Aktienkurs um ca. 30 % nachgegeben und steht aktuell bei ca. 35 $ bzw. 32 €, wobei Chartisten für die letzten 6 Monate wohl von einer Seitwärtsbewegung sprechen würden. 1996 lag der Kurs übrigens um die 4 Dollar und das Allzeittief wurde 1997 bei ungefähr 2,40 $ erreicht. Aktionäre der ersten Stunde können sich also nicht beschweren.
Personliche Erfahrung mit Sporteinzelhandel:
Durch meine Kaufgewohnheiten bin ich ein typischer Kunde von Sporteinzelhändlern. Meine Familie und ich wandern gerne, treiben viel Sport und kaufen auch öfters in lokalen Sportgeschäften ein (z.B. bei Sport Bittl oder Karstadt Sport). Wir lassen uns dort beraten, probieren die Klamotten/Schuhe/Wanderstiefel an oder Sportartikel aus und kaufen sie auch meist direkt im Laden. Wir tun dies das ganze Jahr über, sowohl zu 'normalen' Geschäftszeiten, wie auch zu Schlussverkaufszeiten. Natürlich schaut man auch öfter mal online nach den Preisen der Sachen. Wirklich preiswerter sind die Artikel dort aber meist nicht. Online bestellen wir Klamotten, Schuhe und Sportartikel nur ab und an (geschätzt ca. 20 % unserer diesbezüglichen Ausgaben). Ich persönlich in ca. 0 % der Fälle. Alle Männern wissen, wovon ich rede :-)
Kommen wir zunächst zu den Geschäftszahlen:
Mir persönlich gefallen diese Zahlen recht gut. Umsatz, EBIT und Nettogewinn wurden kontinuierlich gesteigert und die zugehörigen Cashflows sehen auch nicht so übel aus. Die Anzahl der Geschäfte wurde um 70 % gesteigert in den letzten 10 Jahren. Die Nettomarge liegt durchgehend über 5 % (aktuell ca. 7,5 % - die Zahlen des starken ersten Quartals verzerren das Bild), ein für den Einzelhandel durchaus akzeptabler Wert. Im Vergleich: Bei Dick's liegt sie durchgehend bei < 5 %. Gesamtkapitalrendite und Eigenkapitalrendite liegen im langjährigen Mittelwert-Bereich und sind auch wesentlich höher, als bei Dick's.
Was gefällt mir?
- Gutes und gleichmäßiges Wachstum. Durchgehend sehr profitabel. Cashflow-Zahlen fast nie weit von den Nettogewinnen entfernt und durchgehend positiv - trotz Wachstums.
- Marktkapitalisierung kleiner 1 Mrd. $. Damit gibt es viele institutionelle Investoren, die nicht dabei sein dürfen. Zusätzlich wäre es ein meiner Meinung nach nettes Übernahmeziel.
- Schuldenfreiheit bezogen auf Kredite/Anleihen. Durchgehend nur Finanzierung durch operatives Geschäft. Laut letztem 10Q hatten sie 73 Mio. $ auf der hohen Kante ohne ausstehende Kredite/Anleihen. Die Belastung pro Jahr durch Operatives Leasing liegt bei ca. 60 Mio und steigt natürlich immer weiter, da neue Geschäfte auch geleased werden.
- Von den Kennzahlen her (KGV, KFCF, EV/EBIT) aktuell so günstig, wie lange Zeit nicht mehr. Sie werden fast so bewertet, als würden sie mitten in einer Krise stecken oder nicht mehr wachsen.
- Durchgehend gute Margen, die auch höher liegen, als bei direkten Konkurrenzunternehmen.
- Sind nur in den USA tätig. Daher wenig Währungsrisiko und hohe Berechenbarkeit (z.B. im Bezug auf Steuern).
- Keine Dividende. Kapital über Aktienrückkäufe an Aktionäre zurückgeführt. V.a. im Moment können sie relativ günstig Aktien zurückkaufen, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Die Anzahl der Aktien hat sich in den letzten Jahren von 32 Mio. auf 22,4 Mio. verringert. Vom aktuell autorisierten 300 Mio.-Rückkaufprogramm (man beachte hierbei, dass die Marktkapitalisierung nur bei knapp 800 Mio. liegt und der Enterprise Value bei 720 Mio. !) waren Ende April noch über 290 Mio. übrig.
- Fähiges Management, welches gut durch die Finanzkrise geführt hat und Probleme meiner Meinung nach frühzeitig erkannte und anging (Ausbau des Online-Angebotes).
- Keine Verwässerung durch Optionen in naher Zukunft zu erwarten.
Was gefällt mir nicht?
- Eigentlich schwieriger Markt (Einzelhandel) ohne echte Wettbewerbsvorteile. Viele Marktteilnehmer und hoher Verdrängungswettbewerb. Zusätzlich wird in Krisenzeiten normalerweise zuerst am Konsum gespart. D.h. auf teure Sportschuhe und Golfausrüstung wird da evtl. am ehesten verzichte. Konkurrenz durch Onlinehandel wird sicher nicht abnehmen, wobei sie dort meiner Ansicht nach selbst ganz gut positioniert sind.
- Same Store Sales (d.h. vergleichbare Umsatz bezogen auf Geschäfte) war im Jahresvergleich zuletzt zurückgegangen. Laut dem letzten 10Q ist es allerdings im umsatzstarken ersten Quartal wieder leicht gestiegen (ca. 1 %).
- Geringe Insiderbeteiligung. Der CEO Rosenthal hat z.B. nur knapp 80' Aktien. Der CFO Bowman noch weniger.
- Handel der Aktie in Deutschland nur in Frankfurt und dort mit extrem übersichtlichen Umsätzen. D.h. man sollte wohl eher über die NASDAQ kaufen/verkaufen.
Versuche einer Prognose:
Hier versuche ich einmal verschiedene Szenarien durchzuspielen. Einen Bear-Fall (pessimistisch) unter der Annahme von sehr geringem Wachstum + einer unterdurchschnittlichen Nettorendite + KGV 10, dann einen Normal-Fall unter der Annahme des langjährigen Wachstums + einer durchschnittlichen Nettorendite + KGV 12 und zuletzt den Bull-Fall (optimistisch) unter erhöhtem Wachstum, einer überdurchschnittlichen Nettorendite und einem KGV 14. Die verschiedenen Szenarien gewichte ich dann gemäß meiner Eintrittswahrscheinlichkeitsannahmen 20%/60%/20%.
Zusammenfassung:
Ich habe noch keine Aktien. Die aktuelle Bewertung gefällt mir allerdings und ich gehe davon aus, dass das Management den vorsichtigen Wachstumskurs fortsetzen kann. Im letzten Conference Call wurde für das Gesamtjahr ein Gewinn/Aktie von 2,90-3,04 genannt. Das Unternehmen wäre auf jeden Fall ein Kandidat für den 'Gut und Langweilig mit Überraschungspotential'-Bereich meines Portfolios. Mal schauen. Vielleicht schlage ich in nächster Zeit einmal zu.
Wichtiger Hinweis: Dies ist keine Kaufempfehlung! Bevor jemand auf Grundlage dieses Artikels in das Unternehmen investiert, muss er sich eigenständig informieren. Beim Zusammentragen der Geschäftszahlen können Fehler passiert sein und auch die Interpretation der Zahlen kann bei jedem anders ausfallen. Ich bin Amateur, kein Profi :-)
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