Mittwoch, 3. August 2016

Accenture (ACN) - Unternehmensanalyse durch einen Alumni

Accenture (ACN) - Unternehmensanalyse durch einen Alumni

Nachdem ich mir vor kurzem einmal einen Überblick über IT-Beratungsunternehmen im Allgemeinen (hier) und Infosys im Speziellen (hier) verschafft habe, war es nun an der Zeit, mir meinen alten Arbeitgeber Accenture anzuschauen.

Zum Unternehmen:
Accenture selbst ist 2001 offiziell 'entstanden'. Der Name selbst steht für 'accent on the future'. Weltweiter Hauptsitz des Unternehmens ist Dublin in Irland, der Deutschlandsitz ist in Kronberg bei Frankfurt (Main). Genau wie Infosys ist man weltweit im IT-Beratungsgeschäft unterwegs. D.h. es geht um Neuentwicklung von Software, Einführung von Standardsoftware, Optimierung von IT-Umgebungen, Projektmanagement und Outsourcing. Accenture hat mehr als 375.000 Mitarbeiter, davon knapp 1/4 in Indien.

Persönlicher Bezug:
Ich war insgesamt 4 Jahre für ATS (Accenture Technology Solutions - quasi die Techies) tätig und habe diese Zeit durchaus noch in positiver Erinnerung. Im Bezug auf die Tätigkeit als IT-Berater gibt es meiner Meinung nach im Anschluss an Ausbildung oder Studium für ungebundene, fähige und flexible Absolventen nichts besseres, als über ein Beratungsunternehmen erste Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln. Ich persönlich möchte dieses auf keinen Fall missen, da ich zu der Zeit viele nette und fähige Leute kennengelernt habe, die teilweise jetzt immer noch für das Unternehmen tätig sind. Zusätzlich hatte ich durch Accenture auch die Möglichkeit, in Wien tätig zu sein, einer der meiner Meinung nach lebenswertesten Städte der Welt. Ein Bekannter von mir war in Australien, wieder ein anderer in Singapur, der nächste in Irland. Man kommt also gut rum, wenn man möchte und sich nicht zu dumm anstellt. Kleiner Hinweis zum Abschluss diese Abschnittes: ich wurde nicht genötigt, dies zu schreiben und bekomme kein Geld dafür. Es ist meine eigene ehrliche Meinung :-)

Hier einmal die Übersicht über ausgewählte Geschäftszahlen der letzten 10 Jahre inkl. den Zahlen des letzten 10Q zum 3. Quartal des aktuellen Geschäftsjahres:

Pep Guardiola würde dazu wahrscheinlich sagen: 'Dasse sinde super, super Zahlen'. Es gibt ein stetiges Wachstum bei Umsatz und mit Einschänkung beim Nettogewinn + Free Cashflow bei insgesamt konstant hohen Renditen. Von den Kennzahlen her gesehen, wäre Ende 2008/Anfang 2009 (kurz nach Lehmann) wie bei vielen anderen Unternehmen auch ein guter Zeitpunkt für einen Einstieg gewesen.

Hier mal das zugehörige Chart (in €):

Wie man erkennen kann, sind sie seit 2009 ganz gut ohne mich zurecht gekommen und somit offensichtlich nicht von einzelnen Mitarbeitern abhängig :-)

Was gefällt mir:

  1. Durchgehend sehr profitabel. Extrem hohe Eigenkapitalrendite (war nie kleiner 47 %).
  2. Keine Abhängigkeit von einzelnen Kunden gegeben. Zusätzlich gibt es einen gesunden Branchenmix im Bezug auf den Umsatz (Zahlen aus letztem 10Q für erste 9 Monate 2016): 4.9 Mrd. Communications, Media & Technology, 5.2 Mrd. Financial Services, 4.4 Mrd. Health & Public Service, 6.1 Mrd. Products, 3.6 Mrd. Resources
  3. Durchgehend schuldenfrei. Ohne Schulden lässt es sich einfach freier agieren.
  4. Tragfähiges und zukunftsträchtiges Geschäftsmodell. Viele Leute sind intern damit beschäftigt, neue Trends zu finden und frühzeitig zu bedienen. Zusätzlich gibt es viele langfristige Verträge und v.a. durch das Outsourcing eine hohe Abhängigkeit. Es dürfte relativ wenige Unternehmen geben, die nach dem Outsourcing wieder ein Insourcing durchführen.
  5. Manpower: Durch die große Anzahl an Mitarbeitern kann man auch große Projekte stemmen oder Angebote dafür abgeben. Im Falle von Problemen gibt es meiner Meinung nach immer genug Nachwuchs, der auch intern schnell geschult werden kann. Ich erinnere mich hier nur an meine eigene Schulung zum Thema Cobol für mein damaliges Wien-Projekt. Dort wurden wir innerhalb weniger Wochen in Vollzeit fit gemacht für diese Programmiersprache. Solche Fortbildungen kosten normalerweise mehrere tausend Euro (weiß ich als Freelancer aus eigener Erfahrung). Dort wurde man noch dafür bezahlt...
  6. Hohe Auslastung: Die Utilization liegt bei 91 %. D.h. wenn man Urlaub und Krankheit mit einrechnet, liegt mehr oder weniger Vollbeschäftigung der Mitarbeiter vor. Sehr viel mehr geht meiner Meinung nach nicht. Bei Infosys liegt sie mit 75-80 % ein ganzes Stück darunter. Je höher die Utilization, desto weniger Mitarbeiter sitzen auf der Bank, ohne Umsatz zu generieren.
  7. Performance Reviews wurden wohl abgeschafft. Da ich sie selbst nicht mochte - auch wenn ich immer gut abgeschnitten habe und in jedem der 4 Jahre dort aufgestiegen bin - dürfte sich dadurch die Mitarbeitermotivation durchaus erhöhen und zusätzlich kann die Zeit (v.a. für Vorgesetzte) ggf. besser genutzt werden. Diese müssen sich im Bezug auf die jeweils zugeordneten Mitarbeiter, die sie teilweise kaum sehen, weniger aus den Fingern saugen, nur um den Prozess zu befriedigen. Das finde ich als Freelancer im Moment ganz angenehm. Da ist man nur sich selbst Rechenschaft schuldig. Wenn man schlecht ist, bekommt man einfach keinen Folgeauftrag und die Sache ist gegessen.
  8. Free Cashflow meistens > Nettogewinn.
  9. Ich hätte gedacht, dass sie konjunkturabhängiger wären. 2008/2009 wurde relativ locker weggesteckt. Hier ist es wahrscheinlich vorteilhaft, in einem wenig kapitalintensiven Bereich tätig zu sein und viele junge Absolventen zu engagieren, die noch nicht so verwöhnt sind. Ein Berater braucht im Endeffekt nur einen Rechner und ein Smartphone und Reisekosten fallen nur an, wenn der Berater auch auf dem Projekt ist.
  10. Es wird gut Kontakt zu ehemaligen Mitarbeitern gehalten über 'Alumni'-Programme. Das ist dahingehend wichtig, dass ehemalige Mitarbeiter bei anderen Unternehmen immer auch potentielle Neukunden sein können. Ich kenne ein paar Fälle, in denen ehemalige Mitarbeiter ins mittlere Management anderer Unternehmen gewechselt sind und später Accenture-Mitarbeiter auf Projekten eingesetzt wurden. Einfach weil man diese und die Unternehmenskultur kannte. Das ist aber wahrscheinlich bei anderen Unternehmen das gleiche...
  11. Starkes Dividendenwachstum. Mit der aktuellen (und in Zukunft wahrscheinlich weiter steigenden) Dividende hätte man bezogen auf den Kurs vor 10 Jahren eine Rendite von knapp 7 %. Bezogen auf den aktuellen Kurs liegt die Rendite bei ca. 2 %. Wäre also ein gutes Anwendungsbeispiel für Investoren, die sich auf Dividendeneinkommen spezialisieren.

Was gefällt mir nicht:

  1. Meiner Meinung nach gibt es wenige Alleinstellungsmerkmale in der Branche. Ich könnte nicht direkt sagen, was Accenture besser macht, als TCS, Infosys, Cap Gemini oder HP...
  2. Das Upper Management nimmt Aktienoptionen gerne an und löst sie ein. Allerdings verkaufen sie nur Aktien. Selbst gekauft (auf offenem Markt) wird offenbar nichts. Quelle: hier.
  3. Es gibt zwar einen Cashberg von über 3,5 Mrd. Dollar, der allerdings nicht wirklich genutzt werden kann, da immer genug Kapital für schlechte Zeiten bereit stehen muss bzw. für die Personalrückstellungen (ausstehende Urlaube und Überstunden -> immerhin 3,4 Mrd. zuletzt)
  4. Nicht wirklich günstig mit EV/EBIT von knapp 16 oder KGV von rund 18 (Zahlen bei Infosys leider ähnlich hoch).
  5. In letzten Jahren eher schleppendes Umsatzwachstum. Auf ersten Blick exzellentes Gewinnwachstum in diesem Geschäftsjahr v.a. durch den Verkauf von Navitaire (554m Pretax-Gewinn) zustande gekommen und somit eher einmalig. Wenn man zusätzlich in diesem Zusammenhang liest, dass z.B. Infosys ihren Umsatz bis 2020 um ca. 70 % auf 20 Mrd. steigern möchte, kann man auch sehen, dass es starke Konkurrenz gibt.
  6. Stark anwachsender Goodwill durch v.a. anorganisches Wachstum.
  7. Recht überschaubares Handelsvolumen an deutschen Börsen
  8. 3 verschiedene Aktiengattungen verwirren
  9. Evtl. bald neuer CEO durch Krebserkrankung des aktuellen CEO Pierre Nanterme?
  10. Evtl. fallen irgendwann mal Steuervorteile in Irland weg (aktuell nur rund 25 %)?

Fazit:
Im Nachhinein ärgere ich mich ein wenig, dass ich das Potential des Unternehmens im Bezug auf die Geschätsentwicklung (und damit einhergehende Aktienkursentwicklung) nicht erkannt habe. Die Aktien, die ich bereits vor der Finanzkrise verkauft habe (KGV 20 fand ich damals zu hoch), wären mittlerweile das 4-fache wert. Ein Investment würde ich aufgrund der hohen Bewertung und meiner Meinung nach eingeschränkten Wachstumsaussichten im Moment nicht durchführen, sondern darauf warten, dass die Kennzahlen einmal signifikant unter die langjährigen Mittelwerte fallen - wie es z.B. in 2008/2009 der Fall war. Ich habe im Moment keine Aktien und plane auch nicht, demnächst welche zu kaufen.

2 Kommentare:

  1. "Vorher firmierte man unter Andersen Consulting, was allerdings durch die Beteiligung des verbundenen Wirtschaftsprüfungsunternehmens Arthur Andersen beim Enron-Skandal negative Assoziationen weckte. Daher die Umbenennung."

    Das stimmt nicht. Ich bin auch ein Alumnus. Vor der Aufsplittung von "Artur Andersen Worldwide" waren die Andersen-Consulting-Partner immer sauer über die firmeninternen Ausgleichszahlungen. Der Beratungsbereich war jeweils viel profitabler und musste Jahr für Jahr Gelder an die Wirtschaftsprüfer überweisen. Das hat auch etwas mit der Mitarbeiterpyramide zu tun, die traditionell im Beraterbereich viel spitzer war. Man teilte den Gewinn also unter weniger Personen auf. Anderes Ärgernis war, dass die Wirtschaftsprüfer, um profitabler zu werden, selbst Beratung anboten. Also strengte man eine Trennung an. Man befürchtete, viel Geld den Wirtschaftsprüfern überweisen zu müssen für die Trennung. Eine Schweizer Handelsgericht gab aber Andersen Consulting weitgehend Recht. Es wurde also viel billiger als befürchtet. Da schon früh abzusehen war, dass man den schönen Namen Andersen Consulting nicht behalten durfte, wurde firmenintern ein Namenswettbewerb ausgeschrieben. Gewinner war "Accenture". Um die abzusehenden Kosten der Trennung schultern zu können, wollte man an die Börse gehen. Die Vorbereitungen waren weit fortgeschritten. Als dann die Ablösung von Artur Andersen doch so billig war, wurde der Börsengang doch vollzogen. Die Partnergehälter wurden mehr als halbiert. Dafür bekamen die Partner Aktienberge.

    Mit dem Enron-Skandal hat die Namensänderung also gar nichts zu tun. Es war nur eine glückliche Fügung, dass man ohnehin einen neuen Namen hatte, als der Skandal bekannt wurde. Die Umfirmierung war zum 1.1.2001, der Skandal wurde im Dezember 2001 publik.

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    1. Vielen Dank für die Info. Dann hatte ich das falsch in Erinnerung und habe die Passage entfernt.

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