Auf das erste Unternehmen dieses Jahres bin ich durch einen einfachen Screenerlauf aufmerksam geworden. Dabei hatte ich nach deutschen Unternehmen gesucht, die in den vergangenen 5 Jahren Umsatz, Nettogewinn und auch Eigenkapital steigern konnten und die dabei eine EK-Rendite von > 15 % aufwiesen. Eines dieser Unternehmen war Dürkopp Adler aus Bielefeld, der Stadt, die es nicht gibt.
Zum Unternehmen:
Dürkopp Adler ist im Bereich von Industrienähmaschinen tätig. Der Name leitet sich vom Firmengründer Nikolaus Dürkopp und der Nähmaschinenmarke Adler ab. In der langjährigen Firmengeschichte, die bis ins Jahr 1860 zurück reicht, wurden unter anderem auch Fahrräder, Autos, Motorräder und Rüstungsgegenstände (im 2. Weltkrieg) hergestellt. In seiner jetzigen Form (d.h. nach dem Zusammenschluss mit der Kochs Adler AG zur Dürkopp Adler AG) gibt es das Unternehmen seit 1990. In 2005 übernahm die ShangGong Holding (jetzt SGSB-Gruppe) rund 94 % der Anteile, die sie auch bis jetzt noch besitzt. Die Chinesen stellen fast den kompletten Aufsichtsrat und auch einen Teil des Vorstandes (den wirtschaftlichen Teil davon). ShangGong/SGSB war/ist selbst in der Nähmaschinenbranche beheimatet (siehe Beschreibung von SGSB), so dass die Übernahme vom Geschäftsbereich her gesehen durchaus Sinn gemacht hat.
Der Großteil der Kunden kommt - wie man sich sicherlich denken kann - aus der Textilbranche und der Automobilbranche. Im Textilbereich werden Nähmaschinen für Kleidungsstücke und Schuhe hergestellt und im Automobilbereich gibt es z.B. bei der Herstellung von Autositzen, Kopfstützen und Armstützen passende Anwendungsfälle. Zusätzlich bieten sie auch Lösungen im Bereich von Polstermöbeln an. Alles in allem ein relativ einfach zu verstehendes Geschäftsmodell. Laut eigener Aussagen ist Dürkopp Adler Technologieführer bei mittelschweren Industrienähmaschinen und durch kontinuierliche Forschung und Entwicklung versuchen sie, diese Stellung zu behalten.
Zum Chartverlauf:
Wenn ich mir diesen Chartverlauf mal so anschaue, würde ich sagen, dass die Chinesen mit ihrem Einstieg Mitte 2005 bei etwa 3,50 € wohl ein glückliches Händchen bewiesen haben. Ende 2008 hatten sie ihren Tiefpunkt bei etwas über 2 €, was allerdings bei Betrachtung ihrer Hauptkunden keine wirkliche Überraschung ist. Wie wir gleich an der Geschäftszahlen sehen können, haben sie in 2011/2012 den Turnaround geschafft und seit dem geht es sowohl zahlenmäßig als auch kursmäßig steil bergauf, was man von einem Maschinenbauer in einer zyklischen Branche so nicht direkt hätte erwarten können.
Zu den Geschäftszahlen:
Vor 10 Jahren lag der Umsatz in etwas genau so hoch, wie jetzt. Allerdings waren ihre Margen damals auch niedriger. In 2010 wurde der Geschäftsbereich der Fördertechnik als Dürkopp Fördertechnik GmbH an die österreichische Knapp AG verkauft. Daher ist das Unternehmen heute nicht wirklich identisch mit dem vor 10 Jahren. Die Zahlen von 2006-2010 schwankten sehr stark. Seit 2010 geht es auf Seiten des Umsatzes wieder stetig bergauf und auch Gewinn und Cashflow sind nachgezogen. Zuletzt lag die Eigenkapitalrendite kontinuierlich über 20 %, was eigentlich für eine starke Marktstellung spricht. Auch Cashflow-seitig sieht es auf dem Papier wirklich sehr gut aus. Da ist man von deutschen Maschinenbauern auch anderes gewohnt. Die Verschuldung wurde zurückgefahren und mittlerweile sitzen sie auf einem beruhigenden Finanzpolster von über 30 Mio. €, so dass sie vor 2 Jahren angefangen haben, eine Dividende zu zahlen.
Was gefällt mir an Dürkopp Adler:
- In den letzten Jahren wurden wirklich gute Geschäftszahlen vorgelegt. Seit 2009 gab es keine Verluste mehr.
- Es wird recht viel Cash produziert. Von daher sieht die Verschuldungssituation des Unternehmens im Moment sehr gut aus. Für F&E wird pro Jahr ein überschaubarer Betrag ausgegeben.
- Sie scheinen eine gute Qualität herzustellen. Da ich allerdings nicht aus der Branche bin, kann ich da nicht viel zu sagen. In einem Zeit-Artikel über Dürkopp Adler aus 2013 konnte ich lesen, dass die Chinesen wohl anfangs v.a. am Know How interessiert waren und dieses über ein Joint Venture teilweise abziehen wollten. Die Ergebnisse dieses Joint Ventures waren dann wohl aber nicht wirklich perfekte Produkte, so dass die Kunden lieber zum Original griffen - Made in Germany.
- Ich konnte keinerlei Analystenberichte oder -kommentare finden.
- Seit 2 Jahren dürfen sie auch wieder Dividenden auszahlen. Dies war ihnen vorher durch ausgewiesene Bilanzverluste nicht möglich.
- Die Webseite und der IR-Bereich von Dürkopp Adler sind recht informativ. Finanzberichte sind ab 2002 verfügbar. Da habe ich schon durchaus schlimmeres im deutschen Small-Cap-Bereich gesehen.
- Sie sagen selbst, dass sie in einer zyklischen Branche unterwegs sind. Gleichzeitig sehen sie sich aber auch gewappnet für die nächste Krise in der Branche.
- Es gibt ein paar stille Reserven in der Bilanz. U.a. sind einige Immobilien schon abgeschrieben, haben aber einen wesentlich höheren Marktwert.
- Die Dividende dürfte für manche verlockend sein. V.a. wenn man sieht, dass bisher nur ein Bruchteil der Gewinne bzw. des FCF ausgeschüttet wurde und ein ganzer Teil jetzt auf Halde liegt.
- Die variable Vergütung beim Vorstand ist vom ROCE abhängig. Die des Aufsichtsrates von der Höhe der Dividende.
- Überdurchschnittliche Renditen. Vor allem, wenn man sich mal die Zahlen der Konkurrenzunternehmen anschaut. Also z.B. Brother Sewing Machines Europe GmbH (77 Mio. € Umsatz und 4,5 Mio. Gewinn bei Eigenkapital von 25 Mio. und Bilanzsumme von 38 Mio. - laut Bundesanzeiger), Janome (Japan - siehe 2016er Janome-Geschäftszahlen) oder Juki (Japan - siehe Juki-Geschäftszahlen). Von den anderen Konkurrenten (Bernina International (Schweiz), Feiyue (China), Singer/SVP Worldwide (Bermuda) und Tacony (USA) konnte ich leider keine Zahlen finden.
- Nach der Finanzkrise gab es einen massiven Stellenabbau, um das Ruder rumzureißen. Dies wurde offensichtlich erfolgreich geschafft. Der Umsatz pro Mitarbeiter lag in 2009 bei 58,7' und in 2015 bei 111,4'. Die Personalkosten pro Mitarbeiter pro Jahr lagen in 2009 bei 36', in 2010 bei 24,7' und in 2015 bei 30,7'. Da haben wohl Entlassungen in Deutschland und Verlagerung nach Tschechien und Rumänien geholfen, das Geschäft ertragreicher zu machen. Schlecht für die Mitarbeiter, gut für die (größtenteils chinesischen) Investoren.
- Nähmaschinen klingen jetzt nicht so aufregend, wie Biotec, E-Fahrzeuge oder Nanotechnologie. Man könnte es also Zukunftstechnologie irgendwie übersehen oder falsch einschätzen. Die Weltbevölkerung wächst. Somit muss auch mehr Kleidung hergestellt werden. Die Löhne in den Billiglohnländern steigen, so dass dort evtl. auch Menschen gegen Maschinen getauscht werden, um die Produktion zu steigern. Und hier nimmt man dann evtl. eher eine hochwertige Maschine aus Deutschland, für die man mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in ein paar Jahren noch Ersatzteile bekommt, als eine Billigmaschine Made in China...
- Sie haben einen eigenen Youtube-Kanal mit ein paar interessanten Videos, in denen man ihre Maschinen in Aktion sehen kann. Durchaus beeindruckend.
Was gefällt mir nicht an Dürkopp Adler:
- Die chinesischen Investoren lassen sich nicht wirklich in die Karten schauen. Sie haben seit Jahren eine gleich-hohe Beteiligung. Eine vollständige Übernahme wurde wohl nie angestrebt, warum auch immer. Wer einsteigen sollte, muss sich bewusst sein, dass er es hier eben mit Min Zhang zu tun hat und nicht mit Warren Buffett als Ankerinvestor. Die SGSB-Gruppe ist selbst börsennotiert und hat noch weitere Beteiligungen vorzuweisen (u.a. Pfaff GmbH und KSL GmbH in Deutschland). Die Tochterunternehmen arbeit wohl auch zusammen, was Synergieeffekte bringt. Evtl. ist das auch ein Grund dafür, dass die Zahlen bei Dürkopp Adler so gut aussehen, denn die Zahlen von SGSB selbst sind nicht sonderlich beeindruckend.
- Es gibt nur knapp 6 % an Streubesitz (d.h. in Summe etwa 490' Aktien). Ist also mehr als übersichtlich, auch wenn man als Privatinvestor nicht so ins Gewicht fällt. So viele Möglichkeiten bleiben da nicht in Zukunft. Entweder Delisting, was man auch früher haben könnte oder aber alles bleibt bei der aktuellen Situation (d.h. wie die letzten 11 Jahre auch) oder aber irgendwann gibt es ein Squeeze Out.
- Es gibt 31m Pensionsverbindlichkeiten. Die wurden allerdings zuletzt kleiner. Da sind wohl ein paar Rentner und Hinterbliebene weggestorben.
- Sie sind mittlerweile um einiges teurer geworden. Von den Kennzahlen her sind sie zwar immer noch nicht so teuer, wie der gefühlte Durchschnitt an börsennotierten Unternehmen in Deutschland, aber ein KGV von 12 ist eben um einiges höher, als ein KGV von 7,6 bei den 2015er Kennzahlen und ein KBV von 3,3 ist für einen Maschinenbauer schon recht hoch.
- Ein großer Teil der Gewinne der letzten Jahre kommt auch durch den starken Dollar, da relativ viel Geschäft im außereuropäischen Ausland gemacht wird.
- Die Handelsvolumen sind nicht die höchsten (so um die 10' € pro Tag). Möchte man also einsteigen, sollte man auf jeden Fall auf ein Limit achten.
Bewertung und Fazit:
Eine Bewertung (z.B. per DCF) wollte ich für dieses Unternehmen nicht machen, da ich mir nicht zutraue, hier mit meinem aktuellen Kenntnisstand irgendwelche Prognosen vorzunehmen. Ich würde ggf. erst einmal den Geschäftsbericht von 2016 abwarten, um zu schauen, ob die Cashflows auch weiterhin so gut sind, wie sie es bis 2015 waren. Ein KGV von 12 sieht nicht so teuer aus (v.a. im Vergleich zu anderen deutschen Mittelständlern und Unternehmen, die ähnlich rentabel sind). Allerdings ist es so, dass es eindeutig ein zyklisches Unternehmen ist und man sich wohl eher am oberen Ende, als am unteren Ende des Zyklus befindet. Nach aktuellem Stand (d.h. da keine AdHocs oder so gekommen sind), würde ich erwarten, dass die Zahlen von 2016 etwas höher ausfallen, als die von 2015. Da der Kurs aber schon um über 50 % angezogen hat seit Mitte des letzten Jahres, ist es eindeutig kein Schnäppchen mehr. Ich lass also erst einmal die Finger davon. Falls jemand mehr weiß, kann er gerne einen Kommentar hinterlassen.
Habe gerade gesehen, dass ein Squeeze Out angestrebt wird. Bin gespannt, was geboten wird, auch wenn ich keine Aktien habe.
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