Kürzlich hatte ich mir einmal börsennotierte Unternehmen der Zeitarbeitsbranche angeschaut inkl. der Beschreibung des Geschäftsmodells, welches für alle Marktteilnehmer gleich ist. Dabei hatte ich das amerikanische Unternehmen Manpower Group als interessanten Vertreter herausgepickt, der eine Detailbetrachtung wert ist. Diese folgt nun heute hier.
Zum Unternehmen:
Das Unternehmen wurde 1948 von 2 Anwälten gegründet, die festgestellt hatten, dass es durchaus Bedarf an temporären Arbeitskräften in Unternehmen gibt. In deren Fall war es eine Sekretärin, deren Dienste sie nur temporär benötigten. Manpower gilt somit als Begründer der Zeitarbeitsbranche. Sie unterhalten ca. 2900 Standorte in über 80 Ländern und haben mehr oder weniger 2 Standbeine: staffing services (Vermittlung/Headhunting) und outplacement services (klassische Leiharbeit). Nach eigenen Aussagen schwankt die Gewichtung der beiden Geschäftsbereichen je nach Konjunkturlage hin und her.
Die regionale Umsatzverteilung für das erste Halbjahr 2016 (insgesamt 9,6 Mrd.) gestaltet sich folgendermaßen: 1.4 Mrd. USA, 0.7 Mrd. Nord- + Südamerika ohne USA, Südeuropa 3,6 Mrd. (64 % davon in Frankreich, 15 % Italien), Nordeuropa 2.5 Mrd. (36.5 % davon in UK, 19.2 % in Deutschland, 19.7 % in NSW, 11 % in Holland), Asien/Australien/Mittlerer Osten 1.2 Mrd. (34 % Japan, 23 % Australien).
Zu den Geschäftszahlen 2006-2016:
Die Zahlen sehen für mich weder richtig gut noch richtig schlecht aus, wenn man den gesamten Zeitraum betrachtet. Umsatz und Gewinn sind etwa auf dem gleichen Niveau, wie vor 10 Jahren. Während und nach der Finanzkrise wurden Verluste gemacht und auch sonst bleibt vom Umsatz relativ wenig als Gewinn übrig (nur 1 - 2,5 %). Seit 2012 geht es aufwärts. Beim Free Cashflow habe ich die Ausgaben für Unternehmensübernahmen nicht mit betrachtet und in Summe sind in den letzten 10 Jahren knapp 3,4 Mrd. $ an FCF erwirtschaftet worden. Das Unternehmen wächst meiner Meinung nach v.a. anorganisch durch Unternehmensübernahmen (siehe auch ständig steigender Goodwill). Schaut man sich in diesem Zusammenhang einmal die Gewinnentwicklung oder auch die Marktkapitalisierung an, fragt man sich, wo das erwirtschaftete Geld geblieben ist. Beim Aktionär ist auf jeden Fall bis auf die in Summe knapp 9,50 $ Dividende wenig angekommen. Die Kapitalallokation würde ich hier daher als mittelmäßig bezeichnen. Die GK- und EK-Rendite sehen im Moment in Ordnung aus. Das sahen sie aber vor 10 Jahren auch schon einmal, bevor der Kurs vom Hoch bei rund 95 $ auf ein Tief von rund 24 $ abgestürzt ist. Da war allerdings auch Weltuntergangsstimmung angesagt und fast allen anderen Unternehmen ging es genau so.
Die Verschuldung wurde in den vergangenen 2 Jahren nach oben gefahren. Im Moment steht eine Finanzverschuldung von knapp 850 Mio. $ in den Büchern, welche größtenteils in Euro läuft. Die vorhandene Cashreserve soll u.a. für Aktienrückkäufe verwendet werden. Diese wurden in letzter Zeit intensiviert. Im letzten 10Q wurde eine Aktienanzahl von nur noch knapp 68,5 Mio. genannt. Also einiges entfernt vom langjährigen Mittelwert von 80 Mio. Mit den aktuell gültigen Aktienrückkaufprogrammen können weitere knapp 7,5 Mio. Aktien zurückgekauft werden, was zum aktuellen Zeitpunkt um die 500 Mio. kosten würde und durch das aktuell vorhandene Cash finanzierbar wäre.
Welche positiven Seiten sehe ich bei Manpower?
- Sie haben langjährige Erfahrung als Begründer der Branche. Sie haben meiner Meinung nach eine starke und aussagekräftige Marke. Aus dem Firmennamen kann man eigentlich schon erkennen, worum es bei Ihnen geht.
- In den letzten Jahren waren sie profitabel. Auch auf Cashflow-Basis.
- Der aktuelle Kurs (ca. 72 $) ist einiges vom Hoch im letzten Jahr entfernt, welches bei ca. 96 $ lag. Relativ gesehen zu den Wettbewerbern sind sie etwas preiswerter, was z.B. den KGV angeht. Auch historisch betrachtet sind die aktuellen Kennzahlen ganz gut. Eine direkt sichbare Überbewertung liegt auf jeden Fall schon einmal nicht vor.
- Es ist keine großartige Verwässerung durch ausstehende Aktienoptionen zu befürchten (2,5m Optionen ausstehend zu Durchschnittskurs von ca. 69 $).
Welche Minuspunkte sehe ich?
- Schwierige Branche ohne wirkliche Möglichkeit, Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln. Am Ende geht es den Kunden um den Preis für die externen Mitarbeiter in Verbindung mit den Beschäftigungsoptionen (Zahlungsziele, Vertragslaufzeiten, etc.). Es gibt viele Konkurrenten. Dabei spreche ich sowohl von Big Playern wie Adecco und Randstad, als auch von zahlreichen kleinen Anbietern, die oft lokal stark vernetzt sind.
- Es ist ein stark regulierter Markt mit sich oft ändernden Vorgaben. Ich denke hier nur einmal an die ganzen Gesetze und Regelungen Mindestlohn, gleiche Bezahlung, wie Stammbelegschaft, Übernahmepflichten nach bestimmten Zeiträumen etc. Der Wikipedia-Artikel zum Thema Arbeitnehmerüberlassung ist hier ganz interessant.
- Auf Dollarbasis kein wirkliches Umsatzwachstum, wenn man den dargestellten Zeitraum betrachtet. Zusätzlich starke Konjunkturabhängigkeit. Die nächste Krise kommt bestimmt.
- Sehr starke Abhängigkeit von Europa. Über 60 % der Umsätze werden hier gemacht. Auf die USA selbst entfallen nur ca. 15 %. Der letzte Kursrückgang resultiert mit hoher Wahrscheinlichkeit vor der Angst der Auswirkungen des Brexit auf die europäische Wirtschaft. Die Führungsriege von Manpower bleibt allerdings optimistisch.
- Sehr geringe Insiderbeteiligung. Es gibt zwar 'ownership guidelines' (d.h. Vorstände sollten wohl für mind. 450' Dollar Aktien besitzen), die auch eingehalten werden. So richtig überzeugt vom eigenen Geschäft sind die Kollegen aber wohl nicht.
- Zeitarbeit ansich hat meiner Meinung nach nicht das beste Image. Klar hat sie viel zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit beigetragen. Wenn man aber einmal 'Betroffene' fragt (ich habe einige im Bekanntenkreis), so würden sie lieber irgendwo fest angestellt sein. Es ist besser als arbeitslos, aber definitiv schlechter als eine Festanstellung.
Versuch einer Bewertung:
Im ersten Halbjahr 2016 wurde ein leichtes Umsatzwachstum zum Vorjahreszeitraum erzielt, sowie ein Wachstum beim Nettoergebnis von rund 10 %. Das sieht schon mal gut aus, war aber vor der Brexit-Entscheidung. Auswirkungen dieser lassen sich jetzt natürlich schlecht abschätzen. Von daher führe ich einmal eine Worst Case/Normal Case/Best Case-Bewertung durch mit einer entsprechenden 15/60/25-Gewichtung (meine angenommenen Eintrittswahrscheinlichkeiten). Dabei komme ich zu folgendem Ergebnis:
Fazit:
Der aktuelle Kurs liegt bei 72 $, also lediglich rund 10 % unterhalb des für mich bestimmten fairen Wertes (=leichte Unterbewertung). Die Sicherheitsmarge ist mir im Moment eigentlich etwas zu gering. So ab 65 $ würde ich bei den aktuellen Geschäftszahlen überlegen, einzusteigen. Ab auf die Watchlist also... Wie immer gilt: Ich bin kein Anlageberater. Erstellt bitte eure eigenen Berechnungen, bevor ihr eine entsprechende Investmententscheidung trefft.
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